Frida Skybäck – Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse

Die kleine Buchhandlung am Ufer der ThemseBuchdetails

  • Erinnert an: //
  • Genre: Romantik, ein Hauch Schicksals- oder Familienroman
  • Erscheinungsdatum: 2019
  • Verlag: Insel Verlag
  • ISBN: 9783458364405
  • Taschenbuch 541 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Triggerwarnungen: Polizeigewalt, Vertuschung selbiger, gewaltsamer Tod, abusives Verhalten, Trauerbewältigung
  • Positiv anzumerken: queerer Charakter

Inhalt: 

Die junge Witwe Charlotte erbt ein Haus samt Buchhandlung in London. Da der Nachlassverwalter sich weigert, einen Käufer zu suchen, bevor Charlotte sich ihr Erbe auch nur angesehen hat, fliegt sie zähneknirschend von Schweden nach London. Sie hofft, möglichst spätestens am nächsten Tag zurückfliegen zu können, doch es kommt alles anders. Denn nicht nur wird sie sanft von ihren neuen Angestellten genötigt, erstmal alles genau kennen zu lernen. Sie lernt auch schnell, dass die Buchhandlung und das Haus schwer verschuldet sind und eine Rettung kaum in Sicht ist. Außer, sie packt selbst an.

 

Aufbau:

Der Aufbau ist zunächst etwas verwirrend. Nicht nur, weil es aus einem Blickwinkel losgeht, der nicht der Protagonistin (laut Klappentext) gehört. Und da liegt auch eines der größeren Probleme des Romans, denn nach und nach kommen sechs verschiedene Blickwinkel zusammen, von denen ausgerechnet die, die vor über 30 Jahren spielen, im Präsens geschrieben sind. Die im Heute aber im Präteritum. Bis zum Schluss hat mich das etwas gestört. Und auch, dass manche Blickwinkel nur für wenige Seiten genutzt wurden und gegen Ende des Buches immer mehr zwar kurz genutzt, dann aber wieder fallen gelassen worden waren. Beim zuletzt eingeführten ist das notwendig und auch bei den anderen dient es durchaus der Geschichte. Aber dann hätte man sie wenigstens vorher (und, wo möglich, hinterher) weiter verwenden können?

 

Charaktere: 

Charlotte wirkt etwas unterkühlt, ist aber vor allem schüchtern. Schade ist, dass ihre kleinen Absonderlichkeiten und Phobien nicht direkt angesprochen und benannt werden. Ansonsten hätte das Buch noch etwas diverser sein können. Besonders ihre Keimphobie kommt leider nur ganz zu Beginn vor. Andererseits ist es zumindest positiv, dass nichts davon bewusst so dargestellt wird, als würde es vom neugefundenen Lebensglück ‚geheilt‘ werden. Da hab ich also schon Schlimmeres erlebt.

Martinique, die Vollzeitangestellte der Buchhandlung, hat ein Problem. Sie konnte zu ihrer Schwester noch nie nein sagen. Nun, nach deren Scheidung, fährt sie deren Kinder auf Abruf überall hin, weil ihre Schwester ‚Termine‘ – beim Frisör und Tennislehrer – hat. Dabei hängt ihre Existenz am seidenen Faden, während ihre Schwester nach der Scheidung Millionen von ihrem Mann kassiert hat, sich also durchaus einen Fahrer für ihre Kinder leisten könnte. Aber sie ist der mütterliche Typ, der jedem am liebsten immer helfen würde. Bald steht sie vor der Entscheidung, was ihr wichtiger ist. Das Verhältnis zu ihrer egoistischen Schwester, oder doch die Buchhandlung.

Sam wiederum ist Mitte 20 und lebt noch bei ihren Eltern. Sie ist offen lesbisch, flirtet aber mit jedem Kunden, was sie zu einer guten Verkäuferin macht – ihr Glück, denn bei allem, was Bestellungen oder sonstige Verantwortung angeht, ist sie unzuverlässig. Sie bringt gerne mal Schwung in die Sache, durch ihre teils herablassende, oberflächliche und verantwortungslose Art ist sie aber leider kein Charakter, mit dem ich warm werden konnte. Besonders ihre Überlegungen, ob sie Schulsozialarbeiterin werden sollte und was sie den Teenagern raten würde, hätte ich ihr gern auf ewig die Erlaubnis entzogen, mit Menschen zu kommunizieren.

Insgesamt sind die Charaktere so sehr unterschiedlich, allerdings hat jede von ihnen Schwächen, die sie leider ein wenig nervig machen. Viele dienen der späteren Charakterentwicklung. Aber um ehrlich zu sein, bin ich bei so etwas gar nicht so der Freund von Entwicklung. Nicht, wenn alle drei sie auf einmal durchmachen müssen. Das ist dann schon etwas anstrengend.

Meinung:

Der Roman entwickelte sich anders als erwartet. Was Martinique angeht, war relativ klar, wo die Reise hingehen wird, besonders im Bezug auf ihre Schwester. Allerdings kam da auch ihr eigenes Leben zuhause mit dazu, was am Anfang nicht so erkennbar war. So kommt selbst in ihr Privatleben noch etwas Überraschung.
Aber wenn schon in den ersten zehn Seiten eine Millionärin erwähnt wird, hat man doch gewisse Erwartungen, von einem Schickimicki-Sex and the City-eskem Roman. Zum Glück hab ich mich getäuscht. (Entschuldigt, aber ich HASSE Sex and the City.)

Auch bei Charlotte denkt man relativ bald, man weiß, wohin die Reise geht. Und das stimmt auch zum Teil, doch auch hier ist es gelungen, unerwartet eine weitere Komponente mit reinzubringen, so, dass man bis zum Schluss noch nicht ganz weiß, wie es ausgehen wird.

Nur Sam bleibt sich, bis auf eine Kleinigkeit, recht treu. (Wobei diese Kleinigkeit für sie selbst wohl eine große Sache ist.)

Dazwischen gibt es so Einiges zwischen völlig unrealistischen (aber dennoch irgendwie lustigen) Plottwists, bis hin zu Nebencharakteren, die man gern noch hätte vergrößern können. Nur die Romanze hätte es für mich echt nicht gebraucht. Die wirkte … einfach zu … hetero-allo-normativ? Also dieses ‚Ui, der Kerl ist sexy, eigentlich weiß ich ja nicht viel von ihm und eigentlich ist er auch gar nicht mein Typ, aber vielleicht möchte ich ihn ja küssen‘. Das ist halt was, was in meiner Lebenswelt völlig unerklärlich ist. Warum Aussehen alleine für Anziehung sorgen kann, und wie man jegliche Form von Anziehung fühlen kann, wenn man einen Menschen noch nicht wirklich kennt. Da würde ich mir endlich mal einen anderen … Archetypen von Beziehungsaufbau in Romanzen wünschen. Aber ich bin wohl auch nicht so sehr die Hauptzielgruppe.

Was dazu aber noch auffiel, war die nicht ganz gelungene Recherche. Die Straße Riverside Drive gibt es in London zwar, sie liegt aber nicht so, dass man von dort aus das Ufer der Themse sehen könnte. Das ginge teilweise in der Straße namens Riverside (ohne Drive). (Aber wenn ich mich recht erinnere, hab es am Themseufer zumindest in der Innenstadt gar keine Shops, sondern nur große, hässliche Wohnhausblocks, wenn man vom Tower mal absieht? Mein letztes Mal ist aber auch schon 10 Jahre her. Vielleicht sieht es da jetzt ja anders aus.)

Insgesamt führt all das zu einem Roman, der tatsächlich, trotz des ja oft sehr vorhersagbaren Genres, zu überraschen vermag. Aber das, was ich mir heimlich erhofft hatte (das selbe Gefühl wie beim Lesen von Katarina Bivalds ‚Ein Buchladen zum Verlieben‘), hat sich nicht eingestellt, im Gegenteil, die Bücher sind sehr unterschiedlich und hier steht doch eher Liebe, Familie und das reale Leben im Fokus, anstatt von Bücherliebe und Bücherliebe und nur einem Hauch sonstiger Liebe. Zudem verhindern kleine Schwächen, dass ich dem Buch eine volle Sternzahl geben kann.
Fazit: 

Letztlich doch überraschend, Stil und Eigenschaften der Charaktere könnten aber noch besser sein.

 

Meinungen anderer Blogger: 

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