Buchdetails
- Erinnert an: //
- Genre: Science-Fiction
- Erscheinungsdatum: 2018
- Verlag: Randomhouse Audio
- ASIN: B079Q4R9J8
- Hörbuch 10:09 Stunden
- Sprache: Deutsch
- Content Notes: ziemlich stereotype Darstellung von Brasilianern, Saudi-Arabern, Osteuropäern, Schwulen, Behinderten, …, Slut-Shaming, ständige Sex-Witze, Erwähnung von Pädophilie
- Positiv anzumerken: auf dem Papier sehr divers besetzt
Inhalt:
Jazz Bashara ist eine Kriminelle. Vor allem schmuggelt sie mit Hilfe eines Freundes auf der Erde Waren zur Mondstadt Artemis, die dort eigentlich nichts zu suchen haben, wie zum Beispiel Zigarren.
Jetzt aber bietet ihr einer ihrer treuesten Kunden eine Million an, wenn sie ein viel größeres Ding dreht: Sie soll die Produktionsmöglichkeiten einer ganzen Firma unwiderruflich zerstören. Was sie nicht ahnt, ist, dass das erst der Anfang ist. Denn sie weiß weder, warum ihr Auftraggeber eine Konkurrenz loswerden will, noch, dass sie sich dadurch mit einem kriminellen Kartell anlegt.
Charaktere:
Jazz ist so eine typische Vertreterin von „Frauen, die von Männern geschrieben wurden“. Sie trinkt, macht Witze wie ein Teenie-Junge, muss alles sexualisieren, ach, und angeblich ist sie der Wanderpokal der Station. (Nur, dass wir nur von zwei längerfristigen Beziehungen hören, und die Station nur 2000 Leute beherbergt und sie mit keinem der Nebencharaktere geschlafen hat, wie sie selbst sagt. Das wirft doch sehr die Frage auf, ob Weir das überhaupt durchdacht hat.) Sie behandelt auch noch ihre Freunde wie Dreck und irgendwie macht sie ständig miserable Entscheidungen. Obwohl sie angeblich unglaublich viel Potenzial hat und beinahe alles kann, ist sie lieber Schmugglerin und im Alibi-Job Lieferbotin.
Alle anderen teilen sich auf in irgendwie weirde Menschen, die unbedingt mit Jazz befreundet seien wollen, obwohl diese sie oft wie Dreck behandelt (und ihr teilweise auch ständig Geld leihen, das aber nie zurückgezahlt bekommen), grumpige alte Männer, die grumpig sind, und irgendwelche um fünf Ecken planende Industrielle/Politiker*innen mit so verqueren Plänen, dass es nicht mehr ausgeklügelt, sondern eher langweilig ist.
Meinung:
Es fängt schon beim Weltenbau an. In einer Stadt mit nur 2000 Einwohnenden gibt es unter anderem Wohnungsarmut – wie? Es gibt genug Wohnungen, es können sich nur nicht alle Wohnungen leisten. Wie kommt man auf die Idee? Und wer obdachlos und dabei erwischt wird, wird zur Erde zurückgeschickt – ist eine Wohnung nicht günstiger als ein Weltraumflug?
Auch das Geld ist nicht durchdacht. Für 250 Motten – die Währung in Artemis – bekommt man ein Bier. Für 1000 Motten Essen für ein paar Tage. Gleichzeitig sollen eine Million Motten genug sein, um sich davon eine Luxuswohnung zu kaufen und eventuell zur Ruhe zu setzen?
Dann wird die Feuersicherheit sehr ernst genommen, wird uns mehrfach erzählt. So ernst, dass es nicht mal eine Feuerwehr gibt. Und es gibt noch mehr Ungereimtheiten, die den Weltenbau … nun, zumindest nicht gelungen wirken lassen.
Und schon kommen wir zu den Stereotypen. Das behinderte Mädchen – das im Deutschen immerhin entschärft wurde, im englischen Original wird sie mit einem Begriff bezeichnet, der als Eigenbezeichnung zwar okay ist, als Fremdbezeichnung aber ein No-Go. Aber auch auf Deutsch ist sie noch sehr „Oh nein, ich bin nur ein armes, kleines, behindertes Mäuschen“, wird bedauert, obwohl sie eine verdammte Milliardärin ist. Sie muss sich alles erklären lassen, hat keinerlei eigene Agency und ist so dankbar für jedes bisschen Freundlichkeit, dass es schon schmerzhaft ist.
Und wusstet ihr, dass Nationalitäten den Job bestimmen? Saudis sind alle Schweißer, zum Beispiel. Warum? Wird nicht gesagt, nur, dass einzelne Nationalitäten einzelne Branchen besetzen – und das klingt teilweise auch noch ein bisschen nach Mafia.
Aber mit den Nationalitäten auseinander gesetzt, hat sich Weir nicht. So spricht Jazz, eine Muslima, die in Saudi-Arabien geboren wurde und den Großteil ihres Lebens in Artemis, einer kenianischen Mondstation, verbracht hat, ständig wie eine Amerikanerin – „Jesus“ als Ausruf – und bewundert, wie toll traditionell-muslimische Kleidung zum Verschleiern von Verbrechen genutzt werden kann, um schön noch den Extremismus-Stereotyp zu bedienen. (Und so geht es mit anderen Nationalitäten, dem einzigen schwulen Charakter, … weiter.)
Und dann ist da noch das Problem, dass die Hauptfigur eine verdammte Kriminelle ist. Sie macht im ganzen Roman nichts, was sie irgendwie sympathisch wirken lässt. Ja, Romanprotagonist*innen müssen nicht immer gute Menschen sein – aber wenn mir das Überleben einer Person wichtig sein soll, sollte sie zumindest irgendeine Qualität mit sich bringen, die sie erträglich macht. Und hier kann man über Jazz eigentlich nur sagen, dass sie eine miese Freundin ist, ein massiv unmoralischer Mensch – so sehr, dass sie an einer Stelle sogar Pädophilie als „ist auf dem Mond halt nicht so streng“ abwinkt -, und eigentlich schon längst im Knast sitzen sollte.
Das Einzige, was dieses Buch etwas retten kann, ist, dass Weir einen relativ angenehmen Schreibstil hat – auch, wenn die Wissenschaftsteile hier deutlich langweiliger sind, als im Marsianer oder Astronauten -, und, dass die beiden Sprechenden im Hörbuch – Gabrielle Petermann und Marius Clarén – wirklich schöne Stimmen haben und ihren Job gut machen.
Fazit:
Sprechende und Schreibstil gut, Inhalt dafür aber leider wirklich nicht.

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