Buchdetails
- Erscheinungsdatum: 2016
- Verlag: insel taschenbuch
- ISBN: 978-3-458-36169-5
- Taschenbuch 192 Seiten
- Sprache: Deutsch
Ich möchte im Voraus warnen, dass diese Rezension Spoiler enthalten wird, da ich mich bei der Begründung meiner Bewertung diesmal auf den gesamten Inhalt beziehen muss.
Klappentext:
Ein charmantes Häuschen an der Küste – der ideale Ort für die junge Pariser Schriftstellerin, um in Ruhe ihren neuen Roman zu schreiben. Doch kaum hat sie sich eingelebt, spaziert plötzlich ein missmutiger alter Herr in ihren neuen vier Wänden herum. Wer ist der ungebetene Gast, weshalb besitzt er einen Haustürschlüssel, und was hat es mit seinen sonderbaren Besuchen auf sich? Nach und nach schafft es die junge Frau, ihn aus der Reserve zu locken: der Anfang einer ungewöhnlichen und berührenden Freundschaft.
Inhalt:
Eigentlich geschieht sehr wenig. Ein Paar von Mitte 30 mit zwei kleinen Kindern will aus der Großstadt ziehen. Sie kaufen das Haus eines alten Mannes, der wegen etwas, was wie Alzheimer klingt, ins Heim gebracht wurde. Kurz darauf steht der alte Besitzer immer wieder im Haus, arbeitet in seiner alten Werkstatt im Keller, repariert Dinge im Haus und kümmert sich um den Garten. Dabei sieht er die neuen Besitzer nur als Hausbesitzer an, die er aber duldet, bis es ihm besser geht. Irgendwann kommen die Schriftstellerin und der alte Mann ins Reden, erzählen sich aber fast ausschließlich von ihren Vätern. Und mehr passiert tatsächlich nicht.
Charaktere:
Eigentlich erfährt man hier viel zu viel über die Charaktere und doch zu wenig. Der Fokus liegt ausschließlich auf dem Verhältnis zum jeweiligen Vater (und wie einen das zerstören kann) und beim alten Mann auch bei dem zu seinen Töchtern. Am Rande erfährt man darüber hinaus noch, dass die namenlose Schriftstellerin zwar mitbekommt, dass ihr Kind glaubt, einen Geist zu hören, und dass es ihrem Mann schlechter und schlechter geht, aber all das scheint sie nicht zu bekümmern und sie erwähnt es nie wieder.
Genau das lässt sie auch so kalt wirken. Sie interessiert sich vor allem für Mörder und Psychopathen und ergründet gern, was diese ausmacht. Ähnlich kann sie sehr gut reflektieren, warum ihr eigener, depressiver und alkoholkranker Vater ihr selten Liebe gegeben hat. Er selbst habe das von seinem Vater übernommen. Und sie hat versucht, zwischen den beiden zu vermitteln, in der Hoffnung, ihren Vater damit retten zu können, merkt aber gar nicht, dass sie selbst schon ebenfalls nicht wirklich Liebe zu geben in der Lage ist.
Fazit:
Der Roman fängt wunderschön an. Sie erzählt, wie es dazu kommt, dass Monsieur Moustier sie besucht. Dem Klappentext nach erwartet man jetzt eine schöne Feel-Good-Geschichte und genau deswegen habe ich das Buch auch gekauft. Doch statt dessen dreht sich der halbe Roman darum, wie der zweite Weltkrieg das Leben von Moustier zerstört hat, während die andere Hälfte beschreibt, wie die Autorin ihren Vater und Großvater erlebt hat, in unendlichen Wiederholungen und kleinen, belanglosen Anekdoten. Eigentlich geschieht über zwei Drittel des Buches nichts, außer, dass sie mit einander reden. Aber auch von einer wirklichen Freundschaft ist nichts zu spüren. Es geht immer nur um die Väter, selten um Reflexion und eigentlich niemals um Emotionen zu einander. Die Geschichte wird unglaublich kalt und sachlich erzählt, ohne dass der Leser wirklich Zugang erhält.
Was für mich aber am Störendsten war, war einerseits die Passivität der Protagonistin. Der alte Mann stört sie, sie nimmt ihm aber nicht den verbliebenen Schlüssel weg. Sie vermisst ihn, erkundigt sich aber nirgends nach ihm und geht ihn auch nicht besuchen.
Und die Beschreibung seiner Krankheit ist ebenfalls zufriedenstellend. Es klingt wie Alzheimer. Komischerweise hat er weder Erinnerungsprobleme, noch sonstige Aussetzer, wenn er bei ihr im Haus ist. Er redet zwar ausschließlich über die Vergangenheit, lebt aber nicht darin. Vielleicht gibt es auch Formen von Demenz, die sich so auswirken. Aber den herkömmlichen Verlauf stellt es nicht dar und so erscheint es für den Leser vollkommen unrealistisch.
So wurde ein schöner, malerischer und gemütlicher Anfang leider von genau gar keiner Handlung, unsympathischen Charakteren und keinerlei Charakterentwicklung kaputt gemacht.
1 Gedanke zu „Aude Le Corff – Das zweite Leben des Monsieur Moustier“