Ebook oder Print? Wie lese ich in Zukunft?

Heute möchte ich euch meine Gedanken zum nun schon seit Jahren schwelenden Konflikt Ebook gegen Print niederschreiben. Dabei möchte ich erstmal sagen, dass das nur meine persönlichen Gedanken und Meinungen sind, und sich natürlich niemand diesen anschließen muss. Aber seitdem ich langsam auch auf die Autorenseite schiele, sehe, dass Ebook oft mehr für die Autoren abwirft, trotz geringerem Preis, komme ich schon ins Grübeln.

 

Autorenverdienst

Gehen wir jetzt mal rein über Selfpublishing, da Verlage nicht unbedingt offen legen, wie viel sie ihren Autoren zahlen, so sieht man deutliche Unterschiede zwischen dem Verdienst bei Print und Ebook. Bei Epubli, einem der größeren Portale für Selfpublishing, verdient der Autor an einem Printbuch mit Preis von 7,99€ etwa 1,73€. Das ist jetzt zunächst einmal ein recht fiktiver Preis, denn die meisten Bücher kosten schon im Druck deutlich mehr. Aber dann kann man wiederum auch für das Ebook etwas mehr verlangen, wenn es mehr Umfang hat.

Gehen wir jetzt also von diesen 1,73€ Autorenverdienst aus. Um diesen mit einem Ebook zu erreichen, muss das Buch lediglich 2,99 kosten.

Oder nehmen wir einen identischen Preis für Print und Ebook. Hier musste ich für die Berechnung 8,99€ als Endpreis nehmen, da Epubli Ebooks nicht für 7,99 anbietet. Aber auch hier zeigt sich der Unterschied im Autorenverdienst deutlich. 2,29€ sind es beim Print, 5,28€ bei Ebook. (Jeweils mit Epubli als Verkäufer. Über Amazon oder Ähnliche ist es jeweils noch einmal weniger.) Und das, obwohl die Mehrwertsteuer bei Ebooks aktuell noch bei 19% liegt, statt bei 7% wie bei Büchern.

Hier soll sich allerdings bald etwas tun, zumindest hat die EU schon vor Monaten zugestimmt, dass Ebooks und Print gleichbehandelt werden sollten. Das kann aber noch dauern (Quelle: Buchreport).

Natürlich ist der Unterschied in den Autorenanteilen berechtigt. Bücher drucken sich nicht umsonst. Und dafür müssen Materialien gelagert und Maschinen gewartet werden. Menschen müssen Lohn bekommen. Und vielleicht gehe ich da auch zu naiv an die Sache? Aber letztlich denke ich mir, wenn ich einen Autor unterstützen will, ist Ebook vielleicht besser? Denn ich hoffe, dass Druckereien mit Flyern, Zeitungen, Prospekten, … trotzdem überleben können, während ich gleichzeitig weiß, dass Kulturschaffende fast immer noch einen Brotjob nebenbei machen müssen, was für mich in einer postindustriellen Gesellschaft einfach ein Armutszeugnis ist.

Leider kann ich aber auch nicht mit Sicherheit sagen, dass die Druckereien ohne Rationalisierungen überleben können, wenn wir uns mehr den Ebooks zuwenden. Hier habe ich also gleichzeitig ein schlechtes Gewissen bei der Überlegung.

 

Und was ist mit Umwelt?

Aber nicht nur die Existenzen der Menschen, die an Büchern arbeiten, müssen bedacht werden. Auch die Umwelt gilt es zu bedenken.

Da wären einerseits die Mengen an Wasser, die für die Herstellung gebraucht werden (ich las mal etwas von 10 Liter pro Seite, finde aber keinen Beleg für diesen Wert), andererseits wird Papier immer noch aus Holz gemacht, sprich Bäume müssen dafür sterben. Die Zahl könnte man eigentlich zumindest reduzieren, aber bisher werden Bücher kaum aus Recyclingpapier hergestellt. Und selbst mit wiederverwerterem Papier haben Bücher immer noch einen sehr hohen CO2-Fußabdruck.

Doch Technik herzustellen, ist auch sehr umweltschädlich, richtig? Materialien, Transport aus den Billiglohnländern, wo sie produziert werden, Entsorgung und auch der Betrieb, also Strom, sind alles andere als umweltfreundlich.

Und doch kann es ab etwa zehn gelesenen Büchern pro Jahr und mindestens drei Jahre Lebensdauer des Readers für die Umwelt letztlich besser sein, Ebooks statt Printbücher zu lesen (Quelle: BR). Eine andere Studie geht sogar davon aus, dass insgesamt 100 Bücher reichen, um somit Herstellung und Betrieb eines iPads in der Umweltbilanz wieder auszugleichen (Quelle: Wirtschaftswoche).

Bei mir verschiebt sich das wohl ziemlich. Mein Kindle ist beleuchtet, verbraucht also mehr Strom. Außerdem kaufe ich bisher viele Bücher gebraucht (was Autoren wiederum absolut gar nichts bringt). Somit kann man zumindest sagen, dass sich dadurch sowohl für mich als auch für den Leser vor mir der Fußabdruck halbiert, weil wir den Schaden an der Umwelt so zumindest für mehr als normal ’nutzen‘. (Hinzu kommt aber vielleicht wieder Transport.)

Aber ich lese auch etwa 100 Bücher im Jahr. Wenn ich zumindest bei Neuerwerbungen auf Ebook setze, bin ich immer noch damit umweltfreundlicher als bisher.

 

Der soziale Faktor

Hier wird es schwieriger. Denn lieben wir es nicht alle, unsere Bücher an Freunde und Familie zu verleihen und danach im besten Fall sogar mit ihnen zu diskutieren? Nein? Na gut, ich liebe es zumindest.

Und das ist mit Ebooks kaum möglich. Denn obwohl Amazon eigentlich eine Funktion anbietet, ein Buch für 14 Tage an Freunde zu verleihen, ist das in Deutschland schlicht nicht legal, wird hier also nicht angeboten.

Hier gibt es die Möglichkeit einer Familienbibliothek. Aber nicht nur geht das nur unter zwei Erwachsenen, mehr nicht, sondern man offenbart dem Anderen so auch alles. Man liest Erotica? Wenn man sich mit der Mutter die Familienbibliothek teilt, kann sie darauf auch zugreifen.

In meinem Fall wären es sehr viele Fanfictions, von denen doch manche ein wenig sehr schräg sind – wenn auch fast immer jugendfrei. Die schicke ich mir auf den Kindle, weil ich ungern am PC so lange lese. Tja, und die könnte derjenige, mit dem ich teile, auch lesen.

Letzte Möglichkeit wäre, das Gerät einfach gleich zu verleihen. Aber was liest man dann solange, falls man wirklich komplett auf Ebooks umgestellt hat? (Wobei das in meinem Fall kein Problem wäre, außer im selben Rahmen wie bei der gemeinsamen Bibliothek. Aber ich habe die Reader-App notfalls auch auf dem Handy. Das frisst leider mehr Akku, ist also längst nicht so umweltfreundlich, aber eine kurze Zeit könnte ich so ohne Entzugserscheinungen überleben.)

Aber auch dafür muss der zu Beleihende Reader akzeptieren. Und das ist auch nicht immer gegeben (Hallo Mama).

Und auch Wiederverkauf schließt sich bei Ebooks aus. Hat einem das Buch so gar nicht gefallen, bleibt man auf den kompletten Kosten sitzen. Man kann es nicht einmal in offene Bücherregale stellen.

 

Der Gesundheitsaspekt

Und sogar die Gesundheit muss man bedenken, wenn man sich in der Frage Print vs. Ebook orientieren will. Zumindest beleuchtete Reader können sich schlecht auf unseren Schlafrhythmus auswirken (Quelle: Tagesspiegel). Manche Wissenschaftler sehen da sogar einen Zusammenhang mit Krebs oder Diabetes.

Allerdings gilt das für alle Arten Bildschirme und Lampen, die vor allem blaues Licht ausstrahlen, nicht nur für den Reader. Dennoch fällt damit der regulative Effekt, den Lesen eigentlich für den Schlaf hat, bei Ebooks unter den Tisch, sofern man nicht völlig ohne Beleuchtung liest.

 

Andere Argumente?

Reader brauchen weniger Platz als eine volle Bibliothek. Das ist wohl DAS Argument für elektronisches Lesen. Und überall, wo man WLAN hat, kann man Bücher in die Cloud verschieben und andere Bücher aufs Gerät holen, so dass selbst bei begrenztem Speicher auf dem Reader selbst, durch die Onlinecloud keine Grenzen mehr existieren, wie viele Bücher man auf die Art besitzen kann. Printbücher hingegen nehmen viel Platz weg. (Ich habe allein fast 200 ungelesene Print, glaubt mir, ich weiß das.)

Andererseits bietet ein Ebook einfach nicht die Haptik und Olfaktorik eines Prints. Bücher mit allen Sinnen zu genießen – naja, bitte leckt nicht an euren Bücher, Papercuts an der Zunge sind unschön -, geht einfach nur, wenn man sie auf Papier hat.

(Tatsächlich gab es hier auch einmal Artikel zu den gesundheitlichen und kognitiven Aspekten von Haptik beim Lesen, aber den Artikel finde ich nicht mehr und ohne Beleg möchte ich nicht verbreiten, was in meinem Kopf davon noch hängen geblieben ist.)

 

Ja, was denn nun?

Das ist die große Frage. Denn einerseits möchte ich Umwelt und Autoren mehr helfen. Andererseits stört mich die fehlende Ausleihmöglichkeit bei manchen Büchern doch sehr.

Aber da ich nicht allzu viel Geld habe, sind Ebooks – weil meist trotz der erhöhten Mehrwertsteuer günstiger – für Neuanschaffungen eigentlich die bessere Alternative.

Ich fürchte, ich werde auch in Zukunft vor allem Print kaufen. Wenn ich ein nicht mehr verlegtes Buch gebraucht kaufe, weil es das schlicht als Ebook nicht gibt, wenn ich einen Autor erst ‚beschnuppern‘ will und ihn deshalb erst nur gebraucht kaufe, oder wenn ich schon weiß, dass ein Familienmitglied das Buch auch lesen will, geht es leider nicht wirklich anders.

Aber gleichzeitig möchte ich versuchen, zumindest mehr Ebooks zu lesen und zu kaufen (oder bei Aboprogrammen zu lesen, wobei ich mich hier noch informieren muss, wie die Vergütung der Autoren dabei aussieht). Die zehn im Jahr, um meinen Reader da zumindest umwelttechnisch an einem ‚Break-Even-Point‘ zu halten, sollte ich in jedem Fall schaffen und jedes Buch mehr in elektronischer Form ist dann ein Gewinn für die Umwelt. Aber letztlich ist die Abwägung doch schwer und muss – zumindest für mich – anhand jedes Buches einzeln getroffen werden

 

1 Gedanke zu „Ebook oder Print? Wie lese ich in Zukunft?“

  1. Interessante Diskussion! Ich mache mir auch immer mehr Gedanken über Nachhaltigkeit und das auch bei Büchern. Wenn man den Reader schon besitzt, fallen die negativen Aspekte dafür ja größtenteils nicht mehr neu an, womit die ebooks für die Umwelt besser wären. Der höhere Gewinn für Autoren ist natürlich auch ein echt gutes Argument. Es stimmt zwar, dass damit dann kein Lohn für Druckerein etc anfällt, aber ich würde die Priorität da ehrlich gesagt klar auf die Autoren legen, wenn man danach entscheiden möchte.
    Ich lese selbst lieber gedruckte Bücher und ebooks nur bei langen Zugfahrten, aber ich möchte auch mehr darauf umsteigen. Größtenteils aber auch wegen des Platzproblems. Dass man sie nach dem Lesen nicht weitergeben kann, stört mich auch sehr, aber zumindest sind sie meist günstiger, wenn man sie schon nicht wieder verkaufen kann. Wobei das bei mir eh immer in der Theorie besser funktioniert als in der Praxis 😀

    Ich glaube das ist sowieso keine entweder-oder Frage, darum verstehe ich dein Ergebnis.

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