Liza Grimm – Die Götter von Asgard

Die Götter von AsgardBuchdetails

  • Erinnert an: Neil Gaimans Nordische Mythologie (weil es einige der Geschichten der nordischen Mythologie hier leicht angerissen werden), vielleicht auch ein bisschen Tommy Krappweis‘ Mara und der Feuerbringer, weil in beiden Werken eine Heldin aus unserer Zeit, nordische Götter und Ragnarök vorkommen. Die Art und Weise, die die Heldinnen da hineinpassen, ist bei beiden Werken aber völlig unterschiedlich.
  • Genre: Fantasy, vom Stil und Inhalt her auch Young Adult, allerdings soll die Heldin 23 sein
  • Erscheinungsdatum: 2018
  • Verlag: Knaur
  • ISBN: 9783426522523
  • Taschenbuch 302 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Triggerwarnungen: Alkoholmissbrauch, auf der Meta-Ebene auch Ableismus
  • Positiv anzumerken: Eventuell bisexuelle Charaktere(?), es wird nicht direkt gelabelt, erscheint aber so

 

Inhalt: 

Schon zwei Mal ist die 23-jährige Ray jeweils im zweiten Semester durch Studium gerasselt und muss abbrechen. Frustriert geht sie ans Isarufer, wo sie die wunderschöne und nette Kára trifft, der sie kurzerhand nach Berlin folgt – nur, um dort zu merken, dass die neue Freundin sie seit ihrem Kennenlernen andauernd manipuliert. Angeblich, um sie vor den Göttern zu schützen, die Ray umbringen wollen – denn sie ist zur Heldin auserkoren und wird so das Ende der bekannten Götterwelt einläuten.

Als sie vor Kára flieht, läuft Ray ausgerechnet Loki in die Arme, der sie mit nach Asgard nimmt.

 

Charaktere: 

Als Protagonistin treffen wir Ray, die … dringend eine Therapie braucht. Nein, sie ist nicht psychisch krank. Aber sie kommt mit sich selbst dennoch nicht klar. Alles bezieht sie auf ihre ungeliebte Schwester. Jemand sieht gut aus und hat Talente? Die Person ist wie Anna und Anna ist doof. Ray ist so grundlegend unzufrieden und weiß dennoch nicht so wirklich, was sie will, dass es ihr helfen würde, mal jemanden zu haben, mit dem sie ihre Gedanken und Gefühle ordnen kann. Stattdessen wird sie aber mal eben in ein Abenteuer geschmissen.
Insgesamt ist mir nicht klar, wer Ray überhaupt sein soll. Sie hasst Lügen so sehr, dass sie weint, wenn sie jemand anlügt – und Himmel, heult die oft! -, gleichzeitig lügt sie selbst auch fast immer, wenn sie den Mund aufmacht. Sie ist übrigens auch empört, wenn man ihr den Arm um die Schulter legt, auch, wenn man ihr am Tag zuvor ständig das Köpfchen gekrault hat und sie das toll fand. Zudem ist ihre größte Angst, Schwäche zu zeigen und Hilfe anzunehmen – was wir erfahren, nachdem sie mindestens dreimal Schwäche gezeigt und Hilfe angenommen hat. Widerspruch, ick hör dir trapsen.
Und sie will unbedingt Sängerin werden, geht dafür in München auch schon zu Open Mic-Nächten, glaubt aber, wenn sie nach Berlin geht, wird plötzlich alles anders und sie macht Karriere? (Und warum geht sie nicht den heute normalen Weg und singt was für Youtube ein?) Und WIE zum Teufel schafft sie es, in nur zwei Semestern jedes Mal drei Fehlversuche einer Klausur zu schaffen? Einerseits darf man Klausuren doch normalerweise gar nicht im selben Semester noch einmal wiederholen und andererseits sind die meisten Klausuren im ersten Jahr keine Prüfungsleistungen – sind also öfter zu wiederholen als nur drei Mal.
Außer ihrem Neid auf jeden, der wie Anna ist, und ihrer Weinerlichkeit, hat Ray eigentlich keine Eigenschaften. Naja, doch, sie ist leicht manipulierbar. Aber sonst?

Dann ist da Walküre Kára, die eigentlich nur toll aussieht. Vielleicht kann sie auch gut singen, immerhin behauptet sie unter Menschen, Sängerin zu sein, aber ob das stimmt, erfahren wir nicht. Oh, ja, sie hat noch zwei Eigenschaften: Sie hasst die Langeweile, die seit tausend Jahren in Asgard herrscht, aber sie liebt Thor.

Ihr Bruder Tyr wiederum findet Menschen toll. Oh, und obwohl er in Asgard nur einen Arm hat – immerhin hat er den Anderen dem Fenriswolf geopfert, um diesen binden zu können, damit er die Welt nicht zerstört -, wandelt er unter Menschen nur mit zwei Armen. Und seltsamerweise hat er auch in jeder anderen Welt plötzlich zwei Arme, denn er kann ja gleichzeitig sein Schwert und Ray halten. Aber dazu später mehr.

Jedenfalls bleiben die Charaktere relativ blass – was an und für sich bei Abenteuern okay ist. Da steht ja die Action im Vordergrund. Nur, wenn man den Charakteren schon sehr wenige Eigenschaften gibt, können es dann nicht wenigstens welche sein, die ansprechend sind?

Meinung:

Zunächst mal muss ich dem Roman zu Gute halten, dass er mit einem alten Paradigma bricht: Die Heldin ist absolut passiv. Jeden Einzelnen ihrer Schritte bestimmen entweder Loki, Kára, Tyr oder das Schicksal(TM). Nichts davon ist so wirklich ihr eigenes Tun. Informationen kriegt sie nur, wenn sie schon beinahe gestorben wäre und sie mal wieder wer anders retten muss, und Heldin ist sie auch nur deshalb, weil das Schicksal das so bestimmt. Sie hat zwar eigentlich keinerlei Fähigkeiten, aber solange ihr jemand immer wieder sagt, dass er an sie glaubt, passt das schon.
Und das war eigentlich sogar mal ganz interessant zu lesen, denn normalerweise gilt es als absolutes No-Go, einen passiven Helden zu haben, der eigentlich nur von anderen Figuren mitgeschleift und gerettet wird. Also dafür tatsächlich mal Kudos, denn ich bin voll und ganz dafür, die alten Strukturen mal zu zerschlagen.

Aber das war’s dann auch schon mit dem Positiven. Aber fangen wir vorne an: Die Nornen weben doch eigentlich gar nicht, oder hab ich mich da vertan? Das sind doch die Moiren. Nornen schnitzen das Schicksal doch aus Stöcken? Was soll dann da der Webstuhl, in dem Rays goldener Faden auftaucht?

Womit wir zu Ray kommen. Wie bitte soll man spontan, innerhalb weniger Stunden ein ganzes Leben aufgeben? Was macht sie mit ihren Möbeln? Wie kündigt sie ihre Wohnung? Was ist mit Ummelden beim Einwohnermeldeamt? DAS ERGIBT ALLES KEINERLEI SINN und ist einer angeblich erwachsenen Person völlig unwürdig. Weil die es schon besser wissen müsste und eben deutlich mehr Verantwortung trägt und an mehr bürokratische Strukturen gebunden ist, als ein Teenie, der mal eben weglaufen kann.

Und dann ist da Tyr. In Asgard wird er gefeiert, weil er nur einen Arm hat. Das zeugt nämlich von einer Heldentat. (Allein bei der Deutung bin ich mir schon unsicher. War Tyr nicht eigentlich mit Fenrir befreundet, und sollte das Opfer seines Arms ihn nicht eigentlich eher traurig machen, dass er seinen Freund zum vermeintlichen Wohl der Welt verraten hatte? Aber gut, Fantasy, da muss man die Mythen nicht ganz genau nehmen.) Aber anstatt ihn mit nur einem Arm aus der Welt, wo das kein Problem ist, rauszuholen und so mal ein bisschen Repräsentation von Behinderung mit den entsprechenden Hürden zu schaffen, hat er nur in Walhall kurz nur einen Arm und den Rest des Buches über ist ihm plötzlich ein zweiter Arm gewachsen. Schlimmer noch, als er Ray nach Walhall und zu Odin bringt, und sie ihn in seiner wahren Gestalt sieht, ist sie erstmal schockiert und angewidert – nachdem sie ihn vorher ach so schnuckelig fand. Na danke auch. Ja, vielleicht liegt das auch an seiner offenbar plötzlich größeren Göttergestalt? Aber es wirkt dennoch insgesamt so unglaublich ableistisch, dass mich das echt wütend macht. Der abbe Arm stört? Tja, jetzt hat er plötzlich zwei und von seiner Behinderung soll nie wieder geredet werden. ARGH!

Dann noch die ständigen, ausschweifenden Beschreibungen. Das Buch könnte bestimmt um ein Drittel gekürzt werden, wenn man nur das weglassen würde.

Und obendrein kommen trotzdem unzählige Wendungen durch Verrat hinzu. Wer hat jetzt gerade wen verraten und wieso? Warum wird das mit total gestelztem und gleichzeitig nichtssagendem, keiner klaren Struktur folgendem Dialog beigelegt und ist nach zwei Seiten wieder vergessen? Das ist gleichzeitig verwirrend und langweilig.

ACHJA, UND WO SIND DIE GANZEN EHEFRAUEN DER GÖTTER, DIE HIER MAL SCHÖN AN DIE FRAUEN GEBRACHT WERDEN?! Ja, gut, ich geb zu, ich hab einfach ein zu großes Faible für Sigyn und Sif, so dass es mich nervt, dass beide ignoriert werden.

Selbst am Ende ist noch ein großes Ärgernis und nein, ich spoilere nicht. Aber zwischen letztem Kapitel und Epilog wäre der Abschnitt, der mich an dem Buch am meisten interessieren würde. Leider wird er jedoch nur im Epilog leicht angerissen, mehr nicht. DAS! Das was da dazwischen kommt. Das hätte ich gerne als gut ausgearbeitetes Buch. Und am liebsten ohne Ray, die hat mich einfach nur genervt.

Insgesamt ist dieses Buch mindestens miserabel lektoriert. Es gibt einfach viel zu viele Logikbrüche, kaum ein Dialog ergibt wirklich Sinn und oft erscheint es, als wären ganze Teile rausgelöscht worden – ohne die Reaktionen auf den gelöschten Teil dann auch noch zu löschen. Außerdem werden mehrfach Namen verwechselt. Und wer zum Teufel geht denn erst baden und dann joggen? Ja, gut, das wäre einzeln nicht wirklich schlimm. Aber als Konglomerat fiel es auf, zog sich durchs ganze Buch und machte es noch anstrengender zu lesen als eh schon. Also nein, nichts für mich, sorry.

Oh ja, und Instalove haben wir auch noch. Aber das wirkt nach der ganzen Aufzählung sogar verzeihlich.

 

Fazit: 

Mal was Anderes – aber leider nicht im positiven Sinne.

 

Meinungen anderer Blogger: 

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