Lange ist es her, dass ich das letzte Mal eine Montagsfrage beantwortet habe, die Antonia wöchentlich stellt. Oft, weil ich keine Antwort weiß, die einen Beitrag rechtfertigt. Noch öfter, weil ich sie selten vor Mittwoch sehe. (Es ist Pandemie, wer hat da Zeitgefühl und erinnert sich, dass er was nachschauen wollen könnte?)
Heute habe ich sie aber gesehen, und gehe hoffentlich recht in der Annahme, dass tatsächlich auch (noch) Montag ist? Sie lautet:
Wie hoch ist euer Leseanteil in einer Fremdsprache und warum lest ihr nicht die Übersetzung?
Im Jahr 2020 habe ich etwa 47 Prozent aller Bücher – 121 insgesamt – auf Englisch gelesen, den Rest auf Deutsch, und auch in diesem Jahr sieht es bisher ähnlich aus. Ein Buch weniger auf Englisch als auf Deutsch, aber es hält sich etwa die Waage. Doch warum lese ich überhaupt auf Englisch? Nun, dafür gibt es mehrere Gründe:
- Weil ich es kann. Ja, ich beherrsche die Sprache zum Glück gut genug und damit das auch so bleibt, muss ich meinen englischen Wortschatz ja immer mal wieder entstauben. Das geht durch Serien, aber eben auch durch Bücher.
- Weil es viele Bücher schlicht nicht auf Deutsch gibt. Viele Romane, aber auch Sachbücher und Cartoons werden nie übersetzt. Das liegt einerseits daran, dass der deutsche Markt noch immer sehr einseitig ist – und die Kleinstverlage, die daran zumindest im Kleinen was zu ändern versuchen, seltenst das Geld haben, Übersetzungen anzufertigen. Aber auch, weil manche Sachen, die ich auf Englisch lese auch von Selfpublisher*innen sind, die noch weniger Geld haben, mal eben Übersetzer*innen auf gut Glück anzustellen. Und dann gibt es da noch die fehlende Zielgruppe. Die alten Doctor Who-Romane zur Zeit von David Tennant hätten sich in Deutschland nicht rentiert, weil zu der Zeit Doctor Who hier nur im Pay-TV lief und nur Geheimtipp war. Heute ist die Serie auch endlich bei uns angekommen, aber die Bücher werden auch auf Englisch nicht mehr verlegt und man hat die Chance verpasst.
- Weil es billiger ist. Englische Ebooks kosten bei Amazon gern mal sehr wenig Geld. Ausnahmen sind leider gerade große Reihen, wo dann das englische Ebook teurer als das englische Print und sogar als das deutsche Print ist. (Looking at you, Star Trek. Wobei das nicht etwa an den amerikanischen oder britischen Verlagen liegt, wie ich hörte, sondern an denen, die die Verwertungsrechte in Deutschland haben. Entsprechend kommen die beinahe täglichen Angebote da auch kaum bei uns an, während die Amerikaner*innen ständig Star Trek-Romane für 99 US-Cent nachgeworfen bekommen. Merkt man, dass ich diese Nationalstaats-Kacke dezent zum K*tzen finde?) Aber Autor*innen, auch von richtigen Verlagen, findet man oft für deutlich weniger Geld, wenn man bei den englischen Ebooks schaut.
- Weil ich ungeduldig bin. Manche Verlage antworten nicht auf Anfragen, ob und wenn ja wann sie den nächsten Band einer Reihe übersetzen und auf Deutsch rausbringen wollen. (Looking at you, Tor.de, immer noch kein Wort zum neuen Becky Chambers-Roman?) Was bleibt einem da anderes übrig? Also, wenn ein Verlag sagen würde, wir brauchen noch ein paar Monate, dann würde ich vielleicht warten, wenn ich weiß, dass meine Mutter (die Englisch nicht so gut beherrscht) das auch lesen wollen würde. Aber völlige Kommunikationsverweigerung? Da will wohl jemand mein Geld nicht, und auf gut Glück geduldig sein? Nicht meine Stärke.
Also es gibt ziemlich viele Gründe. Mehr Vielfalt auf dem amerikanischen Markt, Geld und Zugang zu Übersetzungen. Und nicht zuletzt: Englisch ist eine viel genauere und gleichzeitig oft knappere Sprache als Deutsch. Man kann viel präziser und mit weniger Worten ausdrücken, was man will. Auch immer ein Vorteil.
Und? Was sind eure Gründe (nicht?) Englisch zu lesen?
• Weil die Bücher im original oft viel witziger sind, da sich Wortspiele und Scherze nur schwer übersetzen lassen.
• Weil die Bücher viel kürzer sind, weil die deutsche Sprache aus unerfindlichen Gründen in jedem Satz 20 Extra-Worte unterbringen muss.
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Und das, obwohl ich Worte statt Wörter und zweimal in einem Satz weil geschrieben habe.