Buchdetails
- Erinnert an: Tribute von Panem, nur bedeutend unlogischer und realitätsfremder
- Genre: Jugenddystopie, Romanze
- Erscheinungsdatum: 2012
- Verlag: CBT
- ASIN: B006SPYK1G
- Ebook 478 Seiten
- Sprache: Deutsch
- Triggerwarnungen: Mord, Gewalt, versuchte Vergewaltigung, eventuell Gaslighting, Hirnwäsche, Suizid
Positiv anzumerken: Ein sympathischer, toller Charakter ist schwarz
Inhalt:
Chicago in einer nicht näher definierten Zukunft. Was mit dem Rest der Welt ist, wird nicht gesagt, aber die Stadt ist eingeteilt in fünf Fraktionen. Die Selbstlosen, die Wissbegierigen, die Mutigen (die hier aber absolut nichts mit Mut zu tun haben, sondern nur unzivilisierte, brutale Adrenalinjunkies sind), die Sanftmütigen und die Ehrlichen. (Nicht die offiziellen Namen, nur so leichter zu merken.)
Diese Fraktionen haben kaum etwas mit einander zu tun, nur zwei stellen Regierungsmitglieder und das ist schon eine Besonderheit, denn eigentlich ist es immer nur die eine Fraktion.
Die Kinder wiederum werden von ihrer Fraktion indoktriniert, erfahren kaum etwas über die anderen, machen dann einen Eignungstest – der sie aber nicht beeinflussen soll -, und können sich ein einziges Mal im Leben dann bewusst entscheiden, zu welcher Fraktion sie von jetzt an für immer gehören wollen.
Ach ja, und dann gibt es noch die Fraktionslosen, die von allen als Last angesehen werden, auch ökonomisch, obwohl sie die meisten, wirklich wichtigen Jobs machen – und nebenbei jede Fraktion offenbar auch ganz bewusst nicht unbedingt schlechte Rekruten aussortiert.
Und in dieser Welt folgen wir Tris, die von den Selbstlosen zu den Mutigen wechselt, obwohl sie ein Fehler im System ist: Sie ist unbestimmt, vereint also mehrere Eigenschaften in sich. Das muss aber um jeden Preis geheim bleiben, da man sie sonst töten wird. Warum? Das weiß keiner, denn darüber redet man ja nicht – genauso, wie über alles Andere.
Wir erleben Tris bei ihrer Ausbildung bei den Mutigen, und wie sie immer mehr Anzeichen dafür sieht, dass irgendwas nicht mit rechten Dingen zugeht.
Charaktere:
Tris ist unglaublich unsympathisch. Sie überlegt, dass Frieden immer Einschränkung bedeutet, und entscheidet sich dagegen, ist aber gleichzeitig erschüttert, wenn sie sieht, was diese Lebensweise bedeutet.
Und immer wieder kritisiert sie alles in ihrer neuen Fraktion, erzählt dann aber einen Satz später, wie toll das doch alles sei, und wie zuhause sie sich hier fühlt. Ja, gut, sie ist eine hirngewaschene Sechzehnjährige, also muss man vielleicht ein paar Dinge entschuldigen und ihr zugute halten, dass sie eben deswegen noch nicht so reif sein kann, wie eine normale Person in unserer Welt in ihrem Alter. (Und auch dann werden die in Jugendromanen immer lieber wie Kleinkinder charakterisiert.)
Achja, und sie sagt selbst ‚Lieber tot als fraktionslos‘, als jemand aber genau nach der Maxime handelt, hält sie diese Person für feige und selbstsüchtig.
Also Himmel, wie soll man denn Interesse am Wohlbefinden einer so unreifen, egoistischen, verblendeten, naiven, und absolut verabscheuungswürdigen Person entwickeln?!
Four, oder Tobias, ist der typische Young Adult-Kerl. Brütend, mysteriös, gefährlich, aber in manchen Momenten auch zart, immer ganz dicht an der Grenze dazu, toxisch zu sein, aber genug ‚auf der guten Seite‘, um uns das wieder vergessen zu lassen. Und natürlich gibt es eine traumatische Kindheit. Ist doch Pflicht.
Der einzige Charakter, der mir gefiel, war Christina. Vielleicht, weil sie im Film schon toll war. (Zoe Kravitz ist halt ne coole Socke.) Auch hier ist sie irgendwie besonders. Nett, lustig, eine gute Beobachterin, … Eigentlich hätte mich ein Roman mit ihr als Protagonistin mehr interessiert. Und obwohl sie kaum vorkommt, fühlt sie sich weniger wie ein Abziehbild an, als die eigentlichen Protagonist*innen.
Meinung:
Von hier an Spoiler!
Alter Schwede, was für ein unlogisches Buch. Es fängt schon mit den Fraktionen an. Ignorieren wir einfach mal, dass es völliger Unsinn ist, dass Menschen nur eine der fünf Charaktereigenschaften in sich tragen. Aber selbst dann … Die Altruan, Tris‘ vorige Fraktion, die sie Selbstlosen sind, dürfen absolut nichts machen? Keine Freude haben, sich nicht bilden? Auch nicht, wenn Freude der Psyche hilft und tatsächlich wissenschaftlich erwiesen ist, dass sie die Arbeitsleistung verbessert? Auch, wenn Bildung zu besseren Entscheidungen führt – immerhin stellen sie die Regierung – und damit der Gemeinschaft hilft?
Dann die Ferox, die Mutigen. Wo ist es denn bitte Mut, wenn man lernt, Befehle zu befolgen und Menschen zu töten? Und was hat es mit Mut zu tun, immer wieder sinnlos sein Leben zu riskieren? Das ist Leichtsinn, aber doch kein Mut. Im Gegenteil, Mut wäre, sich gegen diesen albernen Gruppendruck zu stellen.
Und wieso genau ist der Journalismus in der Hand der Wissenschaftler*innen und nicht in der Hand der Fraktion, die niemals lügen darf? Würde doch viel mehr Sinn ergeben.
Und wer baut ein Staatssystem so auf, dass Fraktionen gegeneinander gestellt werden, die zusammen leben sollen, so, dass sie kaum mit einander kommunizieren und sogar Familien zerrissen werden?
All das geht entgegen ALLER wissenschaftlichen Erkenntnisse.
(Und wo wir schon dabei sind: Wieso ist im Roman immer mal wieder von Gott die Rede, obwohl es offenbar keine Kirche, keine Religion gibt und das System so auch nicht mit Religion zu vereinbaren wäre – das einzig Gute am System?)
Hinzu kommt, dass die Lesenden von Anfang an gegen die Wissenschaft aufgestachelt werden. Noch bevor wir erfahren, dass sie in diesem Roman tatsächlich die Bösen sind, wird gegen Wissenschaft Stimmung gemacht. Und die Mutigen, das Militär, wird als toll und gut dargestellt – außer, man lässt einen, der in der Wissenschaftsfraktion aufgewachsen ist, zum Militär, der dann auch noch mit der Wissenschaft kooperiert. DANN ist das natürlich eine Gefahr für Leib und Leben.
(An dieser Stelle hat es mir geholfen, mehr über die Autorin herauszufinden: Eine amerikanische Christin. Mag an meinen Vorurteilen gegenüber der christlichen Kirche besonders in den USA liegen, aber schon glaube ich, dass das tatsächlich dem Weltbild der Autorin entspricht, dass Soldat*innen toll und Wissenschaft böse ist.)
Gut, gehen wir weiter. Die Bösen wollen also auch die Fraktionslosen umbringen, weil die angeblich eine Belastung für die Wirtschaft seien. Die, die für einen Hungerlohn die relevanten Jobs machen? Die Bauarbeitenden, Busfahrenden, … ? Also, nicht nur der vorige Weltenbau ist völlig hirnrissig, auch die Pläne der Bösen für eine vermeintlich bessere Welt sind so dermaßen undurchdacht, dass es Unsinn ist, dass ausgerechnet die wissbegierige Wissenschaftsfraktion sowas planen könnte.
Und auch sonst sind da immer wieder ein paar Ungereimtheiten, die jemandem, di*er auch nur einen Hauch wissenschaftlich (oder sonstig kritisch) denken kann, sofort als Fehler auffallen. In nur 30 Tagen Initiation, zum Beispiel, soll Tris massive Muskeln bekommen haben? Selbst mit Anabolika wäre das wohl schwer zu erreichen.
Ach, und warum bitte fällt Tris in der Prüfung nicht als Unbestimmte auf, wenn sie da genau das wieder macht, was sie schon in der Übung mit Four gemacht hat und wovon er die Aufzeichnungen löschen musste, damit sie nicht enttarnt wird? HÄ?!
Also nein, das Buch ist auf ganzer Linie Unsinn. Es kommt nicht oft vor, dass ich das sage, aber: Die Filme sind besser, gerade, weil sie weniger vom absolut schlechten Weltenbau zeigen – und obendrein einige Ungereimtheiten auslassen.
Einzig den recht flüssigen Schreibstil kann ich positiv anmerken. Auch der ist nicht ideal, viele Motive und Handlungen kann man mangels Informationen nicht nachvollziehen, aber ich bin durch diese fast 500 Seiten sehr schnell und gut durchgekommen, ohne Abschnitte zu überspringen.
Fazit:
Miserabler Weltenbau, wissenschaftsfeindliche und militärfreundliche Beeinflussung der Lesenden und obendrein noch eine unsympathische Protagonistin. Tut euch einen Gefallen und schaut höchstens den Film.
Meinungen anderer Blogger:
//