Was ich gerne einmal lesen würde

Vor einigen Tagen bin ich bei einem anderen Blog auf einen Beitrag gestoßen, in dem der Blogger niedergeschrieben hat, was er/sie gerne einmal lesen würde. (Falls du dich wiedererkennst, schreib mir, denn ich konnte partout nicht rekonstruieren, bei wem ich das sah. Dabei würde ich dich gern hier verlinken.) Nun würde ich gern Ähnliches machen. Denn, wie man an vielen meiner Rezensionen und Sternbewertungen in letzter Zeit sieht, bin ich mit dem Buchmarkt nicht mehr so wirklich zufrieden. Dinge, die ich gerne einmal lesen würde, finde ich einfach nicht. Und ich kann nicht jedes Buch, dass ich gern lesen würde, selbst schreiben. Dazu sind es einfach zu viele.

Dabei würde ich nicht so weit gehen, zu sagen, dass meine Wünsche nicht schon irgendwo erfüllt im Regal liegen und darauf warten, dass ich das entsprechende Buch entdecke. Aber zumindest in aller Munde und überall bekannt scheinen sie nicht zu sein. Und so haben sie den Weg zu mir auch noch nicht gefunden.

(Warnhinweis: Kann Spuren von subjektiver Meinung, Ironie, Sarkasmus und partiell Verbitterung enthalten.)

 

Comedy ohne Sex

Warum glauben alle Kabarettisten, Comedians und sonstige Humorschaffende heute eigentlich, man müsse unbedingt möglichst viele Texte zu Sex schreiben? Dem eigenen, dem fremden und dem vom Nachbarn belauschten. Mit Spielzeugen, ohne, in Sonderstellungen, an bestimmten Orten, … Die Variationen scheinen kein Ende zu nehmen, doch der humoristische Teil scheint sich bei allen auf einen Gedanken zu beschränken: „Höhö, Sex.“

Können wir Sex bitte endlich entweder ausblenden oder als das behandeln, was es ist: Ein animalischer Trieb, der von den Tagen übrig geblieben ist, als wir noch unseren Nachbarn auf dem nächsten Baum mit unserem Kot bewarfen? Und für den Menschen sich gerne temporär auf ein ähnliches Intelligenzniveau zurückentwickeln. Zur Zeit von künstlicher Befruchtung hat Sex seine Wichtigkeit für die Arterhaltung einfach verloren. Und alles andere muss ich nicht lesen, danke, nein.

 

Jugendbuch, bei dem es nicht darum geht, den hübschen Sportler anzuhimmeln

Selbst in Jugendfantasy gibt es da immer diesen einen Typen. Er ist meist blond, etwas muskulös, trägt entweder eine Lederjacke oder die seines Schulsportteams, hat vermutlich grüne Augen, alle finden ihn schön und meist ist er ein ziemlicher Macho. Wenn er überhaupt eine Charakterschwäche hat, dann liegt die in einem dunklen Geheimnis verborgen, was unsere immer weibliche Protagonistin erst einmal herausfinden muss.

Sie ist natürlich ein graues Mäuschen, vermutlich neu an der Schule oder irgendwie anders neu in seine Gruppe gekommen. Und obwohl sie ihn unglaublich nervig findet, träumt sie heimlich davon, wie weich seine Lippen sind.

Und natürlich muss es auch hier zumindest hintergründig auch um Sex gehen. Meist, um ein Happy End zu gestalten, bei dem sie – noch Jungfrau – und er – der erfahrene Typ – in der Kiste landen. Das wird dem Leser dann als die große, unsterbliche Liebe verkauft und die Geschichte endet dort, anstatt daran zu denken, dass der Übergang zu Liebe eigentlich erst da entsteht, wo die erste Verliebtheit abgebaut ist, sie zusammen wohnen, die Macken des anderen kennen und dennoch zusammenbleiben wollen.

Und das lässt sich eigentlich auf jedes Genre übertragen, denn auch in Jugendfantasy, JugendSciFi und Jugendhorror findet sich dieses Grundschema irgendwo im Roman. Warum?

Wo sind die Jugendromane, bei denen mal wirklich eine Zauberkraft, Monsterjagd, Familientragödie, etc. im Vordergrund steht, und nicht von irgendwo ein schöner Mann als Trostpflaster herbeigeflogen kommt?

 

Realistische Liebe

Ja, tatsächlich dreht sich bei mir besonders viel um die Darstellung von Liebe und Sex in Romanen. Weil es mich nervt, dass beides mit einander gleichgesetzt wird, oder die Grenzen zumindest fließend sind. Wie schön wäre es, mal einen Frauenroman (Chicklit) zu lesen, bei dem sie nicht glaubt, es wäre die wahre Liebe, nur weil er gut aussieht und toll im Bett ist. Das mag ja sein, aber liebe AutorInnen: So oberflächlich sind wir Frauen nicht.

Entsprechend enden auch hier Liebesromane meist damit, dass sie im Bett landen. „Hui, sie hat den Typen erobert, jetzt muss es sicher für immer sein.“ Oder schlimmer noch: „Sie haben sich über 500 Seiten angestarrt, kamen aber irgendwie nicht zusammen. Jetzt reicht ein Kuss, dann weiß der Leser, dass es die große Liebe ist.“ Warum?! Ich habe nichts dagegen, von Liebe zu lesen. Gerne. Aber können wir dann bitte auch hier in die Richtung gehen, dass sie zusammen Geldnot, Umzug, von ihm offengelassene Klodeckel, von ihr heimlich mitgenommene Katzenbabys oder sonst irgendwelche Konflikte überstehen? Vorher ist es Sex. Vielleicht eine (lockere) Beziehung. Aber nennt doch heute nicht alles Liebe, nur weil zwei hormongesteuerte Menschenaffen Geschlechtsteile an einander reiben.

 

Andere Beziehungsformen

Das führt mich zu meinem nächsten Punkt. Ich würde unglaublich gern mal einen Liebesroman mit Asexuellen lesen. Nicht falsch verstehen. Asexuelle haben nur keinen (oder einen verminderten) Sexualtrieb, oder können/wollen diesen nicht mit Menschen ausleben.

Asexualität bezeichnet die Abwesenheit sexueller Anziehung gegenüber anderen, fehlendes Interesse an Sex oder ein nicht vorhandenes Verlangen danach.
Asexualität ist nicht gleichbedeutend mit sexueller Abstinenz. Denn diese umfasst lediglich den selbst auferlegten Verzicht auf sexuelle Aktivitäten (trotz vorhandener Fähigkeit und Motivation dafür). Manche Asexuelle haben sogar einvernehmlichen Sex, wobei die Gründe dafür sehr unterschiedlich sein können; am häufigsten werden etwa der Wunsch nach Kindern oder die Pflege der Beziehung mit einem nicht asexuellen Partner genannt. (Quelle: Wikipedia)

Ich würde gerne so viel in dieser Richtung mal lesen.

  • Asexuelle, wie sie andere Asexuelle als Partner finden.
  • Asexuelle und mit welchen Schwierigkeiten sie kämpfen müssen, wenn sie einen nicht-asexuellen Partner haben. „Soll ich mit ihm/ihr Sex haben, obwohl ich mir gar nichts daraus mache oder mich vielleicht sogar davor ekel, damit er/sie glücklich ist?“ …

Aber auch aromantische Menschen würden mich interessieren. Sie können keine romantischen Bindungen aufbauen, aber Freundschaften. Mich würde ein Roman darüber, über eine tiefe Freundschaft, aber eben ohne romantische Liebe, auch reizen.

 

Starke Frauenfiguren in Chicklit

Und ich komme von dem Thema nicht los. Denn noch etwas ärgert mich an Frauenromanen: Die Protagonistin ist immer ziemlich verkrampft auf die Liebe/den Wunsch nach einem Partner fixiert. Es ist, als wäre es für sie ein Lebenszweck. Ohne einen Mann an der Seite ist das Leben auf Dauer wertlos und absolut inakzeptabel. (Und dabei nicht einmal, weil es irgendwie unschön ist, alleine zu sterben und erst nach Wochen von Ratten angeknabbert gefunden zu werden, sondern einfach weil darum.)

Ich würde mir so gerne eine Protagonistin wünschen, die zwar nicht männer- und liebesfeindlich ist, ihr Selbstwertgefühl aber auch nicht aus ihrem Beziehungsstatus gewinnt. Eine, die gut alleine klarkommen könnte, sich selbst genug ist, und dann ganz beiläufig eine Liebe findet. Quasi nur als Kirsche auf der Sahne des Eisbechers ihres angenehmen Lebens.

 

Archäologisch angehauchte Fantasy

Aber kommen wir mal endlich weg vom Zwischenmenschlichen und widmen uns anderen Dingen.

Ich bin ja bekanntlich Fantasy-Leser. Unter anderem. Aber heute wird Fantasy so ziemlich von zwei Kategorien bestimmt: Der angloamerikanische Zauberlehrling und die Vampir-Werwolf-Romanze. Zumindest, wenn es um urbane Fantasy geht und wir nicht gleich auf einem völlig anderen Planeten sind.

Ausnahmen bilden hierbei Percy Jackson (griechische Mythologie) und Mara und der Feuerbringer (nordisch-germanische Mythologie). Beide spielen in der Neuzeit. Genau das würde ich mir vertieft wünschen. Ich hätte gern Ähnliches mit ägyptischer, alter chinesischer, römischer, aber vor allem süd- und mittelamerikanischer Mythologie. Oder der der nordamerikanischen Ureinwohner? Hier gibt es so viel Material, so viel, was man in neuzeitliche, urbane Fantasy einbauen könnte und ich finde es schade, dass sich noch keiner daran gewagt hat. Es würde einfach etwas mehr Abwechslung bieten.

 

Utopien

Jetzt komme ich zu einem Punkt, den ich mir nicht leicht vorstelle. Denn ich würde unglaublich gern mal von einer Utopie lesen. Einer echten, die nicht am Ende doch eher dystopisch erscheint, aber auch keine, die unausgegoren erzählt wird und mehr Logiklücken enthält als Schweizer Käse Löcher hat.

Nur stellt sich hier die Frage: Wenn der Mensch wirklich von einer logisch aufgebauten, besseren Welt träumen kann, sie im Kopf entwerfen kann, warum setzt er sie dann nicht um?

Möglicherweise wäre das im SciFi-Genre möglich, wenn uns heute einfach noch Voraussetzungen fehlen. Das weiß ich nicht, aber ich hoffe es. Denn ich brauche einfach mal wieder die Hoffnung, dass das Leben besser werden kann. Dass die Welt gerechter, schöner und gemütlicher zu werden vermag.

 

Jugendromane, in denen Erwachsene mal nicht Feind/Beiwerk sind

Harry Potter hört, dass Dumbledore nicht da ist. Statt mit Professor McGonagall zu reden, rennt er mit Ron und Hermine mal eben zum dreiköpfigen Hund und stürzt sich selbst in die Gefahr.

Ceony Twill weiß, dass ein vermeintlicher Blutmagier hinter ihr her ist. Statt darauf zu bestehen, dass sie mit in die Besprechungen einbezogen wird, oder wenigstens mit einer Respektsperson das nächste Vorgehen zu besprechen, bringt sie sich und ihre Freundin lieber selbst in Gefahr und sagt keinem, wo sie hin will.

Die Liste ließe sich ewig fortsetzen. Dabei gibt es hier tatsächlich Ausnahmen. Aber in Kinder- und Jugendbüchern glauben die Protagonisten oft, sie kämen schon alleine klar. Und anstatt sich abzusichern, nur für den Fall, dass sie sich irren könnten, stürzen sie sich lieber ins Abenteuer und überleben in 99% der Fälle nur mit Glück.

Ich weiß nicht, ob Autoren glauben, dass Kinder dumm sind. Als ich Harry Potter gelesen habe, als ich 12ff. war, fand ich ihn jedenfalls selbst dumm und so geht es mir noch heute. (Die Romane mag ich. Nur Harry eben nicht. Aus genau diesem Grund.) Ich hab es SO satt, dass Kinder als so leichtsinnig und grundweg blöd dargestellt werden. Und dass sie gleichzeitig auch noch überleben. Was vermutlich heißen soll „Du kannst alles, wenn du nur dran glaubst“ heißt für mich eher „Mach schon Dummheiten, du überlebst es schon“. Und hätte ich ein Kind, würde ich nicht wollen, dass es das daraus mitnehmen kann.

Daher fände ich einfach Bücher schön, in denen Kinder sich auch schon verantwortungsbewusst, vorausschauend und einfach mal klug verhalten.

 

Realistische Krankheiten/Behinderungen

Behinderte werden in Büchern oft entweder zu Empowerment-Zwecken genutzt (also schaffen trotz ihrer Einschränkungen Wunder), oder entpuppen sich als magisch begabt, wenn man im Fantasybereich ist. Ich würde gern mal einen Roman lesen, bei dem ein Behinderter nicht plötzlich überall Hilfe kriegt und am Ende ohne Probleme wie völlig gesunde Personen leben kann. Denn obwohl es die gibt, die das schaffen, erscheint das doch eher die Minderheit zu sein. Ich würde gern eine realistische Geschichte lesen, ob in normalen Schicksalsromanen oder der Fantasy. Ein Behinderter, der überall ausgeschlossen, in der Schule gemobbt wird, der mit ansehen muss, wie ein Traum nach dem anderen platzt. Der deswegen vielleicht depressiv wird. Der aber nicht aufgibt. Der in genau dieser Gesellschaft nicht untergeht. Denn das ist das wahre Meisterwerk. Einfach nicht aufzugeben, obwohl man weiß, dass man nie das gleiche Glück haben darf wie jemand, der zufällig eine Krankheit weniger hat.

 

Und damit bin ich auch schon durch. Aber ihr könnt mir gern sagen, ob ihr entsprechende Bücher kennt. Aber auch, was ihr selbst gern lesen wollen würdet, denn ich bin mir sicher, dass mir noch längst nicht alles Fehlende eingefallen ist.

 

3 Gedanken zu „Was ich gerne einmal lesen würde“

  1. Hallo Taaya,

    all das, was du dir wünschst, gibt es bereits. Aber ich gehe der Reihe nach:

    Tommy Jaud hat mehrere Bücher des Genres Comedy geschrieben, in denen es nicht um Sex geht, sondern zum Beispiel um eine Reise durch Namibia. Oder auch Atze Schröders: „Und dann kam Ute“ kommt komplett ohne Sex aus. Sex ist etwas vollkommen normales und an deiner Stelle würde ich es nicht so sehr verteufeln und es behandeln als das, was es ist: Etwas ganz und gar normales, was zu unserem täglichen Alltag dazugehört.

    Zum Thema Jugendbuch, in dem es nicht darum geht, den hübschen Sportler anzuhimmeln: Die Legend-Reihe von Marie Lu kommt komplett ohne dieses von die genannte Klischee aus. Gleiches gilt für „Die Tribute von Panem“ und viele andere Jugendbücher. Liebe (und auch das Anhimmeln des sportlichen Typens) sind dabei häufig wiederkehrende Muster, aber der Kern der Geschichte ist ein anderer.

    Du forderst „realistische Liebe“ von einem Buch, vergisst dabei jedoch, dass Sex ein realistischer Bestandteil davon ist (auch wenn du es nur als animalischen Trieb verkaufen willst). Viele Liebesromane enden eben nicht damit, dass die beiden miteinander im Bett landen, sondern, dass sie nach langem hin und her (wo auch schon vorher Sex involviert sein kann) endlich zueinander finden. Das ist der Kern von Liebesromanen. In Kerstin Giers „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“ geht es maßgeblich darum, dass die weibliche Protagonistin glaubt, dass sie mit ihrem Partner etwas verpasst hat und die zweite Chance bekommt, ihr Leben zu ändern und mit einem anderen Mann glücklich zu werden, doch dann merkt sie, dass sie mit ihrem Partner doch glücklicher und er ihre große Liebe ist, weil sie eben so viel miteinander durchgemacht haben.

    Zum Thema „Asexuelle- oder A-romantische Bücher“ kann ich dir leider nichts sagen, da müsste man tief in Google suchen (aber ich bin mir sicher, dass es dazu auch schon Bücher gibt, ansonsten könntest du es ja schreiben 😉 ), aber zum Thema Freundschaft gibt es mehr als genug Bücher. Bestes Beispiel hierfür wäre „Ziemlich beste Freunde“ von Philippe Pozzo di Borgo (auch wenn es eine Freundschaft zwischen heterosexuellen Männern ist).

    „Starke Frauen in Chick-Lit“ (übrigens finde ich das Wort „Chick-Lit“ einfach nur grauenhaft, nenn‘ es doch besser Frauenromane (ist auch nicht die beste Umschreibung, aber immer noch besser als „Chick-Lit“)), bedeutet: „anspruchslose Frauenliteratur“ und ja, auch dort gibt es Bücher mit starken Frauen. Ein schönes Beispiel dafür ist „In Wahrheit wird viel mehr gelogen“ von Kerstin Gier. In dem Buch geht es zwar darum, wie die Protagonistin mit dem Tod ihres Ehemanns umgeht und sich ein Leben ohne ihn aufbaut, aber der Charakter selbst ist eine starke Frau, die eben nicht das Leben nur davon abhängig macht, eine Beziehung zu haben.

    „Archäologisch angehauchte Fantasy“ gibt es ebenfalls, gleiches gilt für den Bereich „Urban Fantasy“. Hier empfehle ich dir die „Mythos Acadamy“-Reihe von Jennifer Estep (Mythologie aus sämtlichen Ländern), die „Göttlich“-Trilogie (klassisch griechisch), „American Gods“ von Neil Gaiman und „Die Flüsse von London“ und die Folgeromane von Ben Aaronovich. Es gibt noch viel mehr, das sind nur ein paar Beispiele.

    Das Problem mit Utopien ist, dass sie nicht umsonst unerreichbare Ideale sind, denn man kann zwar denken, man hätte eine perfekte Welt erschaffen, aber eine perfekte Welt kann es in der Realität nicht geben. Dementsprechend kann es auch keine Bücher darüber geben, denn irgendwo gibt es immer einen Fehler im Kontinuum, weil eine perfekte Welt nur zu einem bestimmten Preis aufrechterhalten und aufgebaut werden kann (deswegen sind ja die ganzen dystopischen Romane meist am Anfang utopisch). Dazu empfehle ich dir die „Cassia und Ky“-Reihe von Ally Condy.

    „Jugendromane, in denen Erwachsen nicht der Feind/Beiwerk sind“, forderst du und lässt dies auf deiner Annahme fußen, dass Autoren Jugendliche als „leichtsinnig oder grundweg blöd“ darstellen. Das ist aber leider eine Fehlinterpretation. Jugendbücher sind so geschrieben, dass die Erwachsenen nur am Rande darin vorkommen, weil Jugendliche eben unabhängig und allein handeln wollen und Erwachsene meist nur als nerviges Beiwerk empfinden (das nennt sich Pubertät und ist ganz normal). Außerdem ist die Botschaft dieser Bücher nicht, dass Jugendliche genau das nachmachen sollen, sondern genau umgekehrt: Bei Harry Potter zum Beispiel, wird ganz klar hervorgehoben, dass Harry Schlimmeres hätte verhindern können, wenn er denn nur mit den Erwachsenen geredet hätte (übrigens ist dein Beispiel falsch, denn Harry geht im ersten Teil zu McGonagall und sagt ihr, dass es um den Stein der Weisen geht und sie wehrt ihn ab). In Harry Potter wird ganz klar auch gesagt, dass es eben die Torheit der Jugend ist, Erwachsene nicht um Hilfe zu bitten und außerdem auch noch, dass Erwachsene den Fehler machen, Jugendliche nicht für belastungsfähig genug oder für zu jung halten, um ihnen reinen Wein einzuschenken (Dumbeldore sagt das in Teil Fünf klar und deutlich).
    Aber du willst einen Jugendroman, in dem Erwachsene nicht als Feinde/Beiwerk fungieren: die „Göttlich“-Trilogie, „Die Tribute von Panem“, usw.

    Zum Thema: „Realistische Krankheiten und Behinderungen“ kann ich dir nur das Buch „Freak City“ von Kathrin Schrocke empfehlen. Darin geht es um die Liebesgeschichte zwischen einem gehörlosen Mädchen und einem normalen Jungen und die unterschiedlichen Welten, in denen sie leben und wie man die beiden miteinander vereinen kann.

    Du siehst, ein kleiner Blick über den Tellerrand genügt schon und du findest genau das, was du gerne mal lesen würdest. 😉

    LG Alexa

    Antworten
    • Huhu Alexa,

      ich muss zugeben, dass ich weder Tommy Jaud noch Atze Schröder ausstehen kann. Beide sind mir zu … comedymäßig. Ich bin kein Freund von Comedians, ich mag Komiker und Kabarettisten. Das sagt sich jetzt so leicht, wobei der Unterschied marginal ist. Aber alles, was Richtung Mario Barth, Bülent Ceylan, Cindy und Co. geht, ist mir einfach zu …. platt. Zu amerikanisch auch in der Art des Humors. Ich mag Trockenes, das nicht nur intellektuell wirken will, um großkotzig zu sein, sondern auch das Hirn richtig anregt. Politkabarett, all sowas. Aber leider schaffen es nicht einmal die Politkabarettisten, vernünftige Bücher zu schreiben. Kaum müssen sie alles so aufschreiben, dass es als Text ohne ihre Stimme wirkt, flüchten sie sich auch in Phrasen und Flachheiten.

      Und gerade bei Panem missfällt mir die Liebe sehr. Eigentlich ist es das treibende Thema. Sie kann sich nur durch Vortäuschen selbiger überhaupt in den ersten Spielen retten und das zieht sich wie ein roter Faden weiter. Und auch da sind beide Kerle irgendwie gutaussehend.

      Nein. Warum muss Liebe mit Sex zusammengehen? Von diesem Bild müssen wir endlich weg, weil es für viele Menschen auf diesem Planeten einfach nicht stimmt. Das ist heteronormatives Denken. Als Asexuelle fühle ich mich selbst davon beleidigt, sagt es doch, dass ich nicht lieben könnte, nur weil ich niemanden bespringe. Es ist für manche Menschen so. Und das ist okay – solange ich nichts damit zu tun haben muss. Aber diese Lebenswirklichkeit einiger für alle Menschen als gegeben zu setzen, ist genau das, was ich an unserer Literatur hasse. Alles, was das ignoriert, hat keinen Erfolg. Warum?

      Ziemlich beste Freunde kenne ich auch. Mag ich auch, trifft aber nicht genau das, was ich meinte. Ist aber auch schwer zu erklären. Ich meinte wirklich Freundschaft für Aromantische. Für sie ist es die einzige Bindung, die sie eingehen können, und das würde ich gern weiter literarisch erkunden können. Ich nehme an, das gibt es auch irgendwo. Aber es ärgert mich, dass das dann wieder schwer zu findende Spartenromane sind, während das Ewiggleiche die Bestsellerlisten anführt.

      Flüsse von London finde ich relativ wenig archäologisch. Eigentlich stolpert Peter nur durch Dinge, die er gar nicht kennt und weder er noch der Leser erfahren wirklich mehr über die dahinter stehende Mythologie. Ich mag die Reihe, das schon. Aber ich würde sie nur als simple Fantasy ohne irgendeinen wissenschaftlichen Anspruch ansehen. Ähnlich ist American Gods eher …. seltsam als wirklich … lehrreich. Ich dachte schon eher an Bücher, die nicht zu viel hinzuinterpretieren, sondern wirklich rein die alten Mythen aufgreifen, sie auch erklären, und ohne irgendwelche Zusätze in die heutige Welt übertragen.

      Warum muss eine Utopie unerreichbar sein? Diese Definition besteht erst in unserem heutigen Sprachgebrauch. Eigentlich ist es (Wiki): Eine Utopie ist der Entwurf einer fiktiven Gesellschaftsordnung, die nicht an zeitgenössische historisch-kulturelle Rahmenbedingungen gebunden ist.
      Also das Spielfeld, auf dem wir erkunden können und dringend sollten, wie man unserer Welt endlich lebenswert gestalten kann. Genau deshalb brauchen wir dringend mehr in der Richtung. Weil wir nicht Politikern allein die Aufgabe überlassen sollten, Zukunftsvisionen zu erarbeiten und sie dann umzusetzen. Dabei sind Dystopien sicher auch sinnvoll, um abzustecken, was wir auf keinen Fall wollen. Aber solange wir keine Wege finden, etwas zu kreieren, das BESSER ist, verharren wir im Status Quo. Und das kann sich, global gesehen, eigentlich keiner wünschen.

      Auch hier würde ich dir bzgl. Panem eher widersprechen. Erwachsene spielen da mit Katniss, manipulieren sie und nutzen sie aus. Sie sind da mehr Feind als Voldemort es je sein könnte. Klar gibt es da auch ein paar Helfer, aber die sind wieder eher Randfiguren.
      Und wieder ist das so eine Annahme, die nicht für alle gelten kann. Warum sollten Jugendliche unabhängig sein wollen in einer Welt, in der jeder von jedem abhängig ist. Das alleine ist schon eher dumm.
      Und ich fühlte mich als Jugendliche genau davon beleidigt. Dass man von mir erwartete, dass ich genauso denke. Das wollte ich nicht. Und daher hab ich in der Zeit eigentlich nicht gelesen, weil kein Buch mich wirklich für voll nahm, Immer wurden Jugendliche wie das dargestellt, was ich da täglich in der Schule mitbekommen musste. Wir Freaks aber, die versuchten, anders zu leben, uns nicht von Hormonen steuern zu lassen, wir wurden literarisch ignoriert, dabei waren wir fast die Hälfte des Jahrganges.

      Genau das ist mein großes Problem. Dass man viel zu lange suchen muss, um etwas zu finden, was anders ist. Dass einem die Mainstreamliteratur eine Lebenswirklichkeit als allgemeingültig aufzwängen will, die einfach nur von wenigen geteilt wird. Sie sind nur die Lautesten. Wenn man aber alle, die behindert, demi- oder asexuell, aromantisch, träumerisch-idealistisch, etc. sind, all das, was in Mainstreambüchern ignoriert wird, würden wir eigentlich die Mehrheit bilden. Warum gibt es dann so wenige Bücher für diese Menschen, warum muss man so lange danach suchen und warum wird uns etwas aufgedrückt, was für uns nicht gilt, während die vermeintlich Normalen offenbar entweder gar nicht wissen, dass es Leute wie uns gibt, oder zumindest nichts darüber lesen wollen.

      Wobei du bitte nicht falsch verstehen solltest, ich möchte dich gar nicht angreifen. Falls das jetzt so klang, tut es mir leid. Ich bin nur vom Buchmarkt verbittert. Und die Empfehlungen, die ich noch nicht kenne, schau ich mir natürlich gern an. 🙂

      Danke und liebe Grüße
      Taaya

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