Es ist wieder Weltfrauentag, und nachdem ich im letzten Jahr meinen damaligen SUB danach sortiert habe, welches Geschlecht die Autoren haben (ja, ich seh auch, dass ich ein paar Bücher falsch einsortiert habe, manchmal wird man betriebsblind) und nebenbei meine Lieblingsautorinnen vorgestellt habe, möchte ich mich in diesem Jahr den Protagonistinnen widmen, die mich besonders begeistert haben.
Ich hätte natürlich auch schreiben können ‚den starken Protagonistinnen‘, aber in der öffentlichen Debatte hat die Bezeichnung als starke Frau in letzter Zeit deutlich an Rückhalt verloren.
Und tatsächlich habe auch ich meine Probleme damit gehabt. Nicht, weil ich dem Begriff nichts abgewinnen kann. In meiner Definition ist eine starke Frau nichts Schlechtes. Sie muss für mich keine Kriegerin sein. Darf auch Schwächen haben, weinen, manchmal nicht weiter wissen. Fehler machen. Sie darf Hilfe suchen und annehmen, auch von Männern. Das schwächt ihre Position für mich nicht. Wichtig ist für mich nur, dass sie selbstbestimmt lebt, wozu auch gehört, manchmal ihren Kopf durchzusetzen.
Aber in den meisten Büchern, die ich lese, kommen Frauen dieser Art nicht wirklich vor. Nein, das klingt falsch. Die Frauenrollen, die ich lese, sind auch nicht ’schwach‘, sie lassen sich nicht unterbuttern oder gehorchen ohne zu hinterfragen einem Mann. Sie tun nicht nur, was die Gesellschaft oder Einzelne von ihnen erwarten. Aber sie haben in den meisten Büchern einfach nicht die Gelegenheit, ihre Stärke auch zu demonstrieren. Das Leben fließt einfach für sie, so dass man nicht genau erkennen kann, ob sie ’stark‘ sind, oder ob sie einfach nur noch nicht in eine Situation kamen, in der sie im Konflikt mit aufgezwungenen Rollen oder falschen Erwartungen stehen. Oder einfach auch nicht in Situationen kommen, einfach mal eine Entscheidung zu treffen und damit anderen die Stirn zu bieten.
Daher KANN ich einfach nicht meine Lieblinge unter starken Protagonistinnen präsentieren. Weil ich einfach nicht genug Protagonistinnen kenne, die ich mag und die unter diese Definition fallen. Also kommen hier lediglich meine Lieblinge, die allesamt auch nicht SCHWACH sind.
Natürlich versuche ich, so wenig wie möglich zu spoilern.
Ceony aus der ‚Paper Magician‘-Trilogie von Charlie N. Holmberg
Sie ist diejenige, die mir am Ehesten in den Kopf kommt, wenn ich an starke Frauen denke. Obwohl sie noch jung ist, nur ein Lehrling, bietet sie ihrem Lehrmeister durchaus die Stirn. Zuerst in einer Form von jugendlichem Trotz. Später aber, wenn auch nicht immer klugerweise, aus guten Intentionen heraus. Zuerst stellt sie sich alleine einer Gegnerin, um das Leben ihres Lehrmeisters zu retten, wohl wissend, dass es sie töten kann. Und später will sie nicht nur zuschauen, wie andere über ihr Leben und ihre Sicherheit entscheiden und ihr Informationen vorenthalten. Also beginnt sie, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen und obwohl sie damit nicht nur ihr Leben riskiert, spielt sie letztlich eine wichtige Rolle im Schutz der Welt. Sie kämpft auch gegen den Trotz derer, die sie liebt, für das, woran sie glaubt.
Ronja Räubertochter aus dem gleichnamigen Roman von Astrid Lindgren
Auch sie gehört wohl zu den tatsächlich starken Figuren. Obwohl sie noch ein Kind ist, schafft sie es nicht nur, ihrem Vater die Stirn zu bieten, wenn er sich dickköpfig und stur verhält, sie steht auch für das ein, woran sie glaubt, überwindet Vorurteile und lernt, auf sich selbst aufzupassen. Sie ist ein Wildfang, wie er im Buche steht – im wahrsten Sinne – und hat gleichzeitig ein gutes Herz.
Sonea aus der Reihe ‚Die Gilde der schwarzen Magier‘ von Trudi Canavan
Ich kann nicht für die Nachfolgerreihe ‚Sonea‘ sprechen, da ich sie noch nicht gelesen habe. Aber in der ersten Trilogie tritt sie erst für ihre Ideale ein, ist dann aber bereit, sich von besseren Argumenten überzeugen zu lassen. Sie arbeitet hart für das, was sie erreichen will, ist aber bereit, alles was sie hat, für das aufzugeben, woran sie glaubt. Ich weiß nicht, ob ich sie als stark bezeichnen würde. Sie macht sich sehr wohl von Männern abhängig. Aber sie ist dabei nie schwach, geht die Entscheidungen bewusst ein und letztlich kämpft auch sie für das Wohl derer, die ihr am Herzen liegen und hat einen solchen Dickkopf, dass sie dabei Konventionen durchbricht.
Violet Baudelaire aus der ‚Reihe betrüblicher Ereignisse‘ von Lemony Snicket
Vermutlich müsste auch ihre Schwester Sunny hier auf der Liste stehen, aber Sunny ist lediglich ein Kleinkind. Obwohl sie Charakterstärke und Intelligenz beweist, ist sie noch nicht so alt, dass man wirklich erkennen kann, wie sie einst wird.
Violet aber ist zu Beginn der Reihe 13 Jahre alt und zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Erfinderin ist. Damit durchbricht sie schon das alte Rollenbild, dass Frauen in technisch-mechanischen Berufen nicht mit Männern mithalten können. Sie rettet sich und ihren Geschwistern damit oft das Leben und ist dabei manchmal so etwas wie ein Mutterersatz, denn die Baudelaires sind Waisen, und haben lange Zeit keinen Ort, an den sie gehören und müssen sich bald Gefahren erwehren.
Mara aus Mara und der Feuerbringer von Tommy Krappweis
Mara ist 14 als sie erfährt, dass sie die Welt retten soll. Dass die Götterdämmerung droht und sie die Einzige ist, die sie aufhalten kann. Sie hat weder eine Ahnung, was das bedeutet, noch, wie sie das tun soll. Sie ist sich aber nicht zu Schade, sich Hilfe zu suchen und dann auch dafür einzustehen, dass sie nicht verrückt ist. Sie hat Momente, an denen sie nicht weiter weiß, und Momente, an denen sie merkt, dass Macht auch korrumpieren kann. Aber sie wächst darüber hinaus, und auch über ihre ‚Null Bock‘-Einstellung. Obwohl sie jede Menge Hilfe hat, ist es dennoch oft auch ihre Intelligenz und Willensstärke, die den Ausschlag geben.
Meggie aus der Tintenwelt-Reihe von Cornelia Funke
Ausgestattet mit einer besonderen Kraft, gerät Meggie bald, ebenso wie ihr Vater, ins Visier von Bösewichten, die sie nutzen wollen, um die Welt endgültig in ihre Spielwiese zu verwandeln. Doch Meggie kann mit etwas Hilfe für sich einstehen und die, die ihr wichtig sind, retten. Auch sie hat ein gutes Herz, aber was mir an ihr am besten gefällt sind nicht ihre Fähigkeiten, nicht ihr Mut, sondern ihre besondere Einstellung zu Büchern. Sie ist ein Bücherwurm, findet aber, dass Bücher mit jedem Lesen dicker werden sollten, weil sie Erinnerungen und Gefühle der Leser in sich aufnehmen. Ich gebe zu, dass sie damit einen besonderen Platz in meinem Herzen hat – wobei meine Bücher eher durch Kekskrümel dicker werden. Aber auch das sind Erinnerungen, oder?
Susanne (Susan) Sto-Helit aus mehreren Romanen der Scheibenwelt-Reihe von Terry Pratchett
Sie ist nicht unbedingt eine Protagonistin. Aber Susanne ist in der Reihe vielleicht sogar mein Platz 1. Ihre Stärke kommt wohl vor allem aus ihren Genen, denn als Enkelin von Tod, Tochter von Tods Adoptivtochter und dem ehemaligen Lehrling des Gevatters, hat sie einige seiner Fähigkeiten übernommen. Sie kann sie Zeit anhalten, als Erwachsene noch – existierende! – Fabelwesen wie Schwarze Männer sehen, und sich innerhalb von Sekunden überall hin bewegen, wenn sie will.
Mir ist klar, dass diese Eigenschaften vermutlich ‚verantwortlich‘ für ihren besonderen Charakter sind. Aber ich liebe ihren Sinn für Humor, ihre teils strenge, starke, aber doch liebenswerte Art. Sie kann sich nicht nur mit den Wesen anlegen, die die ihr anvertrauten Kinder erschrecken wollen, sondern hat auch eine gewisse Neugier und ein Pflichtgefühl, das sie dazu veranlasst, notfalls für das Wohl der Welt auch gegen ausgebildete Mörder anzutreten. Susanne ist einfach … ein Charakter, wie ich ihn sonst nie wieder gelesen habe. Und wenn ich irgendeinen hier als mein Vorbild wählen sollte, wäre sie es. Und das sage ich nicht nur, weil ich auch gerne ihren Opa kennen lernen und bei ihm leben möchte.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, ist vielleicht doch jede dieser Frauen auf ihre Art ’stark‘ im Sinne meiner Definition. In jedem Fall hat jede von ihnen Eindruck auf mich gemacht.
Ich bin mir sicher, diese Liste würde sich noch ewig weiter fortsetzen lassen. Aber diese Frauen sind die, die mir am stärksten im Gedächtnis geblieben sind und auch mein Bild von Frauenpower beeinflusst haben. Meine persönlichen Heldinnen. Ihnen und ihren Autorinnen und Autoren möchte ich hier danken, denn sie haben mich zum Teil mit ‚erzogen‘.
Und damit wünsche ich euch einen fröhlichen Weltfrauentag. Mögen wir in Frauenfiguren wie diesen ein Leuchtfeuer für uns selbst sehen, das uns Kraft gibt. Denn wenn wir ehrlich sind, wir haben noch einen langen Weg zu gehen, bis wir völlig frei und gleichberechtigt leben können.
Fräulein Susanne ist besonders erschreckend, WENN SIE IN GROSSBUCHSTABEN zu den Schwarzen Männern spricht. Es ist auch besonders dieses Pflichtgefühl, dass sie Sachen macht, weil sie gemacht werden müssen, das sie ausmacht. Ich mag sie auch sehr gerne.
Liebe Grüße
Ariane