Die andere Seite des Ichs

Ich habe ja schon im Monatsrückblick angekündigt, dass ich überlege, euch auch die andere Seite meines Ichs zu zeigen: Meine Autorentätigkeit. Und auf Twitter habe ich das gestern auch schon gemacht, auch wenn das wohl entweder völlig untergegangen ist, oder aber … schlicht keinen interessiert. Was ich auch verstehen kann.

Aber da Twitter eben nicht das ganze Leben und eben sehr schnell getaktet ist, so dass man bei nur einer Minute Abwesenheit was verpassen kann, möchte ich das noch einmal hier machen.

Als ich den Blog anfing, 2011, war er nur Teil meiner damaligen Autorenseite, noch unter meinem eigenen Klarnamen. Unter ihm habe ich auch meinen ersten Text veröffentlicht. Im Benefizband ‚1000 Tode schreiben‘ aus dem Frohmann-Verlag habe ich meine ersten kleinen Erfahrungen mit Lektorat und Veröffentlichung sammeln dürfen.

Als sich abzeichnete, dass der Blog immer mehr in den Mittelpunkt rückte, weil ich im Studium nicht zum Schreiben kam, habe ich beides getrennt. Das ist jetzt auch schon wieder einige Jahre her. Ich weiß nicht einmal, wie lange, weil ich vor zwei Jahren auf diesen Server umgezogen bin, und all die alten Blogbeiträge hier auf den Umzugstag datiert sind. Jedenfalls war der Blog lange alles, was ich noch mit Büchern und Worten tat.

Zur Zeit meiner Masterarbeit fand ich dann wieder zum Schreiben. Aber nun wusste ich ja, dass ich daran arbeite, eine Karriere in der Sozialwissenschaft aufzubauen. Außerdem war das die Zeit, als Pegida erstarkte und ich auf Facebook schon die ersten Drohungen bekommen habe, als ich mich unter Beiträgen von Tagesschau, Frontal21 und Co. pro Flüchtlinge und gegen Nazis aussprach.

Ich hatte mitbekommen, wie in den Sozialwissenschaften allein ein falscher Witz bei einem Vortrag einem die Karriere versauen konnte, und ich wollte im Internet nicht noch weiter verfolgbar sein. Also hatte ich gleich zwei Gründe, mir ein Pseudonym zuzulegen.


Die Suche war … anfangs recht schwer, doch eine befreundete Autorin (S, ich hab dich lieb) gab mir den Tipp, einen Namen zu nehmen, der mir etwas bedeutet. So kam es zum Nachnamen, denn der ist der Mädchenname … meiner Oma? Ich glaube ja. Jedenfalls mütterlicherseits ein Name, der leider in unserer Linie mittlerweile ausgestorben ist, mit unserer Familie aber weit gereist ist.

Der Vorname wiederum sollte nah genug an mir dran sein, damit es bei Signaturen nicht zu schwer wird, sich dran zu erinnern, dass ich nicht als ICH unterschreibe, andererseits aber auch weit genug von meinem Namen weg, um nicht ganz offensichtlich zu sein. So wurde ich Britta Redweik.


Sie ist mir als Name mittlerweile genauso nah, wie Taaya, der Name, mit dem ich seit über 15 Jahren im Netz und Rollenspiel unterwegs bin. Und ich werde ihn auch jetzt nicht aufgeben.

Aber warum schreibe ich dann offen hier darüber? Vor allem, wo ich doch noch vor einem Jahr gesagt habe, dass ich nur für die allererste Testlesersuche und dann nie wieder hier über mein Schreiben reden werde?

Aus zwei Gründen: Es ist ein Teil von mir. Ich beziehe mich bei Blogposts immer mal wieder darauf, was ich als Autorin anders machen würde. Oder, wie mein Lesen sich verändert hat, seit ich selbst schreibe. Völlig trennen kann ich es eh nicht mehr. (Erst recht nicht, weil ich bei Twitter oft genug zu verpeilt bin, um mich umzuloggen.)

Aber ich habe auch nicht mehr den großen Wunsch, in die Sozialwissenschaft zu gehen. Nicht falsch verstehen. Ich liebe es, Dinge zu erforschen. Statistiken und Zusammenhänge werden mich vermutlich immer begeistern. Und ein Teil von mir wird sich immer danach sehnen, auf die Art und Weise Leuten helfen zu können, in dem ich sie, ihre Besonderheit, ihre Meinungen, oder die Strukturen, die sie benachteiligen, aufdecke.
Der andere Teil von mir hat aber gelernt, dass die Sozialwissenschaft menschlich gesehen oft noch im finstersten Mittelalter feststeckt. Sie ist DIE Wissenschaft, die in Deutschland noch Wert auf Habitus setzt und sich gern von Anderen abgrenzt. Sprachlich arbeitet sie mit so vielen leeren Phrasen und Fachbegriffen, dass selbst für Interessierte die Texte beinahe unlesbar werden, und wer sich dagegen auflehnt, wird ausgebootet. Und vor allem ist sie, in ihren Strukturen, noch so festgefahren, dass ich mit meinen Behinderungen da schlicht nicht arbeiten kann. Reines Home Office? Keine Konferenzen? Und einfach forschen, ohne Veröffentlichungsdruck?

Da kann man der Sozialwissenschaft nicht allein Vorwürfe machen, das ist mir klar. Die ‚Exzellenz‘, die von der Wissenschaft in Deutschland gefordert wird, und die vor allem häufiges Veröffentlichen meint, ist in allen Wissenschaftszweigen gleich und in allen, meiner Meinung nach, gleichermaßen schädlich. Weder wird auf gute pädagogische Fähigkeiten der Lehrenden geachtet, noch darauf, dass man auch ausreichend Zeit für wirklich tiefgehende Studien hat, die auch nochmal überprüft werden.

Und die Strukturen, die einige Behinderte benachteiligen, die Home Office und zeitliche Flexibilität bräuchten? Tja, die sind noch auf dem gesamten Arbeitsmarkt zu finden, selbst die Gesetze lassen da kaum Spielraum in Richtung Barrierefreiheit.

So, wie es jetzt ist, könnte ich also gar nicht in dem Beruf arbeiten, für den ich sieben Jahre meines Lebens geopfert habe.

Warum also sollte ich einen Teil von mir für Leute verschweigen, mit denen ich nie mehr zu tun haben werde? Und falls sich das doch je ändern wird, will ich, dass sie mich nur deshalb einstellen, weil ich mich verleugne? Nein. Wer nicht damit umgehen kann, dass ich ab und an in fremde Welten abtauche, wird mich eh nie akzeptieren können.


Hier stehe ich jetzt also vor euch, naja, in Schriftform, und zeige euch die andere Seite von mir: Die Autorin.

Und wie geht es jetzt hier weiter?

Ich habe nicht vor, wirklich etwas zu ändern. Ich werde weiter die meisten Dinge zur Schriftstellerei, Schreibübungen und meine Projekte auf der Autorenseite posten, während hier weiterhin vor allem gelesene Bücher und Gedanken zur Buchszene als solche zu finden sein werden. Hier wird vor allem die Leserin in mir zu Wort kommen.

Wer also wöchentliche Texte der Kategorie Kreatives Schreiben (mal Kurzgeschichte, mal Gedichte, mal freies Schreiben) von mir lesen will, wird sie nur auf der Autorenseite finden.

Aber eventuell werd ich es etwas öfter ansprechen. In Monatsrückblicken zum Beispiel. Auf jeden Fall muss ich jetzt nicht immer krampfhaft überlegen, ob ich schon zu viel angedeutet habe. Bis auf diesen Beitrag werde ich aber versuchen, Britta und den Teil meines Lebens nicht in den Vordergrund zu rücken. Nur verschweigen will ich sie auch nicht mehr. Denn das hier bin auch ich.


Und was schreibe ich so?

Vor allem schreibe ich Fantasy und SciFi. Mal für Kinder, mal für Jugendliche, mal für Erwachsene.

Mein erstes, wirklich veröffentlichtes Werk ist allerdings teils Autobiografie, teils … naja, nicht richtig politische Kampfschrift. Aber ich habe mir einfach mal vom Herz geschrieben, wie es ist, als Schwerbehinderte in Deutschland zu leben. Naja, nicht als Schwerbehinderte per se. Denn ich kann nur für mich sprechen. Aber mein Leben, mit den schönen, lustigen Momenten, aber auch mit Mobbing, struktureller Diskriminierung und Einschränkungen, für die niemand Anderes etwas kann. Gespickt mit einer Betrachtung der aktuellen Lage allgemein anhand von Zahlen und Fakten.

Das musste einfach sein. Denn ich habe feststellen müssen, wie das Arbeitsamt auf die Frage, warum es nicht barrierefrei ist, meint ‚Wenn Sie nicht können, wie wir wollen, sind Sie eben nicht arbeitsfähig‘, wie Politiker bei dem Hinweis, dass das Gesetz die Strukturen so einschränkt, dass Menschen wie mir das Arbeiten beinahe unmöglich gemacht wird, wenn wir nicht aus dem Haus können, nur sagen ‚Dann gehen Sie eben in eine Behindertenwerkstatt‘ und wie im Internet sexistische, rassistische und queerphobe Diskriminierungserfahrungen geteilt und groß sichtbar gemacht werden, bei Behinderten aber keiner auf die Idee kommt, deren Erleben zu teilen.

Es interessiert einfach kaum jemanden, wie es uns geht. Wie wir benachteiligt werden. Weil wir unsichtbar sind. Und keine Stimme haben. Deshalb musste ich mir diesen Frust einfach von der Seele schreiben, auch wenn ich mit dem Genre Biografie leider nicht wirklich viel Erfahrung habe.

Leider muss ich hier aber noch mal ran. Obwohl ich mehrfach im Selbstlektorat drüber gegangen bin – denn für ein kostenloses Werk 1000 Euro in Lektorat investieren, wenn ich eh keine Einkünfte habe, war einfach nicht drin -, sind leider doch noch ein paar Fehler aufgetaucht.

Wen das Thema aber interessiert und wer mit den Fehlern umgehen kann, kann das Buch kostenlos herunterladen: Bei iTunes, Kobo, oder komplett online lesen über Bookrix (die Leseprobe beinhaltet das gesamte Buch). Ansonsten werde ich innerhalb der nächsten zwei Wochen noch mal alles überarbeiten.

 

Aber auch Fantasy kann man mittlerweile von mir lesen, wenn man mag. Mit meinem YA-Fantasy ‚Das Tier in ihr‘ bin ich gerade bei Sweek im Wettbewerb um einen Verlagsvertrag. Ich hab eigentlich höchstens noch Chancen über eine Wildcard, weil ich entweder nicht genug geworben habe, nicht genug Reichweite habe, oder vielleicht auch tatsächlich nicht ganz so gut bin, wie die Anderen im Wettbewerb. Aber das ist kein großes Drama. Klar hätte ich gern den Vertrag, aber ich denke, aufgrund des Inhalts würde man mich in der nächsten Runde vermutlich eh nicht nehmen.

Denn es geht um Lea, die ihr Leben lang das Gefühl hatte, dass mehr in ihr steckt. Dass ein Tier darauf wartet, aus ihr herauszubrechen. Als ein Junge ihr das Herz bricht, ist es soweit. Und schon findet sich Lea in einer Schule für Ihresgleichen wieder. Doch hier ist längst nicht alles so unschuldig, wie es scheint. Warum dürfen die Eltern nicht wissen, was ihre Kinder sind? Und warum verschwinden ehemalige Schüler?

Trigger: Leichen, Blut, Menschenexperimente und versuchte Vergewaltigung, wenn auch alles maximal semi-explizit.

Etwa ab 16 Jahren geeignet.

 


Alles zu weiteren Projekten findet ihr aber ab jetzt auf der Autorenseite.

Und damit danke ich, falls ihr bis hierhin gelesen habt und … bin jetzt noch etwas nervös. Man entblößt ja nicht jeden Tag einen geschützten Teil seiner Seele.

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