#SchullektuereChallenge Rezension 8: J. W. von Goethe – Die Leiden des jungen Werther

Die Leiden des jungen WerthersBuchdetails

  • Erinnert an: //
  • Genre: Klassiker, Briefroman, Schicksalsroman
  • Erscheinungsdatum: Erstauflage 1774, Edition 1998
  • Verlag:  Suhrkamp
  • ISBN: 9783518188057
  • Taschenbuch 222 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Trigger: Depression, Suizid

Da dies ein Klassiker ist, und ich auf den gesamten Inhalt eingehen muss, um meine Bewertung zu begründen, lauern hier SPOILER!
Ye be warned!

Inhalt: 

Werther, ein junger Bürgerlicher, der aber bei einigen Adligen in der Gunst steht, zieht wegen einer unglücklichen Liebe von zuhause weg. Er trifft Lotte, die ihn beeindruckt und in die er schon bald auf ein geistiges Podest stellt. Doch die Tatsache, dass sie verlobt ist, belastet ihn. Umso mehr noch, als er ihren Verlobten kennen, und trotz oft unterschiedlicher Meinung auch zu schätzen lernt.

Schließlich erträgt er den Gedanken nicht mehr, dass Lotte einen Anderen heiraten will, und geht fort, um eine Anstellung bei einem Adligen einzunehmen. Als er aber dort schließlich als Bürgerlicher von anderen Adligen mit Herablassung betrachtet wird und auch in seiner Anstellung wegen seines jugendlichen Übereifers und Veränderungswunsches getadelt wird, kehrt er zu Lotte zurück, die mittlerweile geheiratet hat.

Dort allerdings wird die Situation für Werther auf Dauer immer schlimmer. War er früher noch gleich oft himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, verstärkt sich seine Depression schnell, und auch Lotte wird bald durch ihren Umgang mit Werther belastet.

 

Aufbau:

Werther ist ein Briefroman, bei dem allerdings nur Werthers Seite der Briefe abgedruckt ist. So fehlt leider viel Kontext und auch eine Stimme der Vernunft, was das Lesen sehr erschwert.

 

Gelesen habe ich das Buch in Fach/Klasse: 

In der 12. Klasse. Ob das im ersten oder zweiten Abi-Anlauf war, bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, im zweiten.

 

Das hielt ich als Schüler von dem Buch:

HASS! Mit Schwefel, Flammen, Mistgabeln. Abgrundtiefer Hass. Ich habe mir – und ich schäme mich, das zu sagen – gewünscht, er würde sich viel früher umbringen. Ich fand die Sprache furchtbar. Und obwohl ich selbst mit Depression zu kämpfen hatte (und habe), fand ich ihn richtig störend und wehleidig. Als würde er es genießen, depressiv zu sein. Er steuert immer bewusst in den Schmerz hinein, statt mal halbwegs rational nachzudenken, bevor er handelt. Oder wenigstens instinktiv eine Vermeidenshaltung an den Tag zu legen.

Für mich war Werther nur eine Nervensäge.

 

So hat sich meine Meinung geändert:

Um ehrlich zu sein, hasse ich ihn immer noch. Werther ist ein unerträglicher Charakter. Widersprüchlich, aufdringlich, und letztlich auch doppelmoralisch. Denn was mir beim ersten Mal nicht aufgefallen ist, ist, dass er gar nicht merkt, dass er sich immer wieder selbst so verhält, wie die Leute, die er verurteilt.

Zuerst ist er eifersüchtig, wenn seine angebetete Lotte mit Anderen ihre Zeit verbringt oder tanzt, dann aber macht er sich über Männer lustig, die Frauen nicht die Freiheit lassen, auch mal mit anderen Männern zu reden oder ihre Zeit zu verbringen. Kaum ist er der andere Mann, ist das wohl in Ordnung?

Und er hasst es, wie abfällig der Adel sich gegenüber Bürgerlichen verhält, lästert aber seinerseits über den Adel, und das nicht nur im normalen Maße eines jungen, revolutionären Geistes, sondern selbst auf so lächerlichem Niveau wie deren Modegeschmack.

Was ich in der Schulzeit aber ebenso wenig mitbekommen habe, ist Werthers selbst im heutigen Maßstab recht moderne Einstellung zu Depressionen und Selbstmord. Nennt Lottes Verlobter Selbstmord noch feige, vergleicht Werther ihn und die Krankheit davor mit einer normalen Krankheit des Körpers. Dass man es manchmal einfach nicht mehr ertragen könne und daran zu Grunde ginge. Dass die Aufforderung, sich doch zusammen zu raufen und das Leben als kostbar anzusehen, genauso wenig Medizin ist, wie, einem körperlich Kranken zu sagen, er solle doch einfach wieder laufen und fit sein.

Und auch der Kampf gegen Dekadenz und Standesdünkel des Adels ist eigentlich sehr modern. Das Buch könnte mir also thematisch durchaus gefallen – wäre Werther nicht in Verhalten wie Sprache einfach unerträglich.

 

Fazit: 

Eine Neuauflage mit einem Charakter der seine (manisch?-)depressive Stimmung erkennt und Ärzte konsultiert, wäre spannend. So aber ist sowohl die Sprache als auch die Charakterisierung einfach nur furchtbar zu lesen. Dennoch heute ein Stern mehr als früher, weil das Aufgreifen von heute noch modernen Themen weit vor ihrer Zeit schon bemerkenswert ist.

 

 

Meinungen anderer Blogger: 

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