Eigentlich hatte ich für heute eine Rezension tippen wollen. Doch mir stößt seit Tagen immer wieder etwas übel auf: Wettbewerbe bei Sweek. (Und ja, obwohl ich selbst daran teilnehme.)
Worum geht’s?
Sweek ist eine Plattform, auf der man kostenlos Geschichten lesen, aber auch hochladen kann. Im Gegensatz zu Wattpad liegt der Fokus hier meist wirklich auf eigenständiger Literatur und nicht so sehr auf Fanfiction. Außerdem – ebenfalls im Gegensatz zu Wattpad – finden hier ab und an Wettbewerbe statt, bei denen es etwas zu gewinnen gibt. So weit, so harmlos. Doch schon bei der Website selbst wird es kompliziert.
Technik, die begeistert
Genau dadurch kam ich gerade dazu, dass ich mir jetzt diesen Beitrag von der Seele schreiben muss. Eine meiner (wenigen) Leserinnen hat mich angeschrieben, ob sie denn das Buch bitte ausgedruckt und gebunden kriegen kann, weil Sweek sie, trotz bestehendem Konto dort, nicht weiterlesen lässt. Keiner der Links, über die man normalerweise zum nächsten Kapitel kommt, funktioniert bei ihr. Das kann es einfach nicht sein. Wenn Leser von der Website davon abgehalten werden, zu lesen, läuft etwas schief.
Aber auch uns Autoren stellt die Technik immer wieder ein Bein. Manchmal sind Cover verschwunden, manchmal kommt man nicht an die eigenen Geschichten – weil man angeblich nie welche veröffentlicht hat -, manchmal sind hochgeladene Kapitel nur Minuten später im Nirwana verschwunden, während man manchmal trotz stabiler Internetverbindung und offenbar rechtzeitigen Serverantworten seitens von Sweek einfach gar nicht erst was hochladen kann.
Wenn man dann aber doch trotz aller widriger Umstände zumindest die Geschichte hochgeladen hat, und hoffen kann, dass wenigstens ein paar Leser doch bis zu Kapitel 2 und möglichst noch weiter klicken können, kann man endlich beim Wettbewerb mitmachen.
Wettbewerbe
Bei Mikrofiction-Wettbewerben geht das noch relativ harmlos von sich. Hier gibt es eine Jury, darunter meist auch mindestens eine Person aus der Bloggosphäre, also Eine(r) von uns. Die bewerten (abseits vielleicht vom Unterbewussten) ohne Ansehen der Likes und Follows, die eine Geschichte bekommen hat. Was dann wirklich daraus wird, ist nicht so ganz klar. Eine Anthologie der Gewinner des Jahres habe ich jedenfalls noch nie im Buchhandel gesehen, obwohl Sweek seinen Autoren auch Selbstveröffentlichungen anbietet, also durchaus Kontakte zu Buchvertrieben haben muss. Aber zumindest kriegt der Gewinner einen kleinen Obolus.
Krieg um den Verlagsvertrag
Schlimmer geht es aber zu, wenn ein Verlag einen Wettbewerb ausschreibt. Hier winkt natürlich ein höherer Preis: Eine Veröffentlichung beim Verlag (wenn auch erstmal nur als Ebook), samt Garantiehonorar im vierstelligen Bereich. Natürlich, dass hoffnungsvolle JungautorInnen da mitmachen wollen und ich nehme mich da nicht aus. Ich bin schon zum zweiten Mal dabei.
Und es wurde ja auch schon nachgebessert. Während beim Wettbewerb des DTV vor einem Jahr nur ein Finalplatz von einer Jury vergeben wurde, sind es nun zwei Drittel der Plätze, die nicht über Vitamin B vergeben werden (sofern die Jury nicht eben doch auch auf die Likes und Follows achtet und daraus nicht etwa einen Schluss auf die Bekanntheit, sondern auf die Qualität zieht).
Aber vier Plätze werden eben doch durch reine Anzahl der Follows vergeben. Sprich: Durch die Anzahl der Leute, die der Geschichte folgen. Damit fängt der Unsinn schon an. Das Folgen dient eigentlich der Benachrichtigung über neue Kapitel, wenn ein Buch noch nicht abgeschlossen ist. Warum sollte man einem Buch noch folgen, wenn es abgeschlossen ist und man es gelesen hat? Erst recht, wenn es auch eine Like-Funktion gibt. Ich lass doch ein Buch auch nicht auf meiner Wunschliste bei Amazon, wenn ich es längst zuhause im Regal habe. Entsprechend muss man das den eigenen Lesern immer wieder erklären: „Ja, klar sind Likes auch nett, aber ich brauch nur, dass du mir folgst.“
Aber selbst wenn der Leser den Unsinn als solchen akzeptiert hat, und mitmacht, bleibt da weiter das Problem, dass das nicht etwa junge Autoren unterstützt, die noch unbekannt sind. Denn Unbekannte haben nun einmal keine Fans, die ihnen Follows schenken und bei dem Wust, den Sweek täglich an neuen Geschichten bekommt, ist man als Unbekannter auch innerhalb weniger Stunden nur noch dann zu finden, wenn man gezielt gesucht wird – und wer sucht schon nach Unbekannten? Wie überhaupt?
Ich nerv dich so lange, bis du mich klickst
Hier ist also im Vorteil, wer schon seit Jahren aktiv ist, sich einen Fankreis aufgebaut hat, die Leute auch noch möglichst mit Werbung für sich nervt. Sprich: Die, die es eigentlich nicht mehr so dringend brauchen, die ohnehin schon genug Fans für Selfpublishing haben, oder als Top-Autoren ständig auf der Startseite vertreten sind und so von suchenden Agenten und Verlagen ohnehin gefunden werden könnten, DIE haben die größte Chance, weiter zu kommen.
Ist man auf der Plattform nicht bekannt, bleibt einem eigentlich nur eine Hoffnung: Ständig in den sozialen Netzwerken für sich werben und hoffen, dass der gesamte Freundeskreis das teilt, um wenigstens ein paar Leser zu finden, die willens sind, einem eine Chance zu geben – und sich dann noch einen Account anzulegen, um einen zu unterstützen. Wenn man aber eher introvertiert ist, ist das mit dem Werben so eine Sache. Und selbst, wenn man sich dazu überwinden kann, ist es schwer, den Punkt abzupassen, bei dem man Leute schon anspricht, aber noch nicht nervt.
Tauschhandel
Und dann sind da noch die AutorInnen, die auch im Wettbewerb sind, und einen anschreiben, dass sie der eigenen Geschichte folgen – wenn man denn zurückfolgt. Und die einem wieder entfolgen – falls sie schon geklickt hatten -, wenn man nicht zurückfolgt.
Natürlich kann ich verstehen, dass wir alle gewinnen möchten und deshalb gern mehr Follows für unsere Geschichte hätten. Aber entweder die mögen meine Geschichte und halten sie für qualitativ wertvoll genug, um verlegt zu werden – dann wäre es dumm, NICHT zu folgen -, oder eben nicht – in dem Fall wäre es dumm, mir zu folgen, nur, weil ich mich revanchiere. Das hat nichts mit fairem Wettbewerb oder mit ‚möge das beste Buch gewinnen, damit der Leser, der mit Sweek nichts zu tun hat, am Ende im Laden ein gutes Buch findet‘ zu tun. Absolut gar nichts.
Nur … was soll man machen? Ja, natürlich, man könnte einfach nicht mitmachen – am Ende ist das Ergebnis bei mir vermutlich wieder einmal das Gleiche. Denn, selbst wenn mein Roman unglaublich gut sein sollte – was ich nicht objektiv beurteilen kann -, glaube ich nicht, dass die Jury ihn auch nur ansieht. Dafür bin ich zu unbedeutend auf der Seite. Und dennoch schwingt immer die Hoffnung auf ein Wunder mit. Oder darauf, sich zumindest eine gewisse Fanbasis schon einmal aufzubauen, um irgendwann entweder doch zu gewinnen, oder sie mit ins Selfpublishing nehmen und ihnen Bücher verkaufen zu können. Also kann ich so viel ranten, die Wettbewerbe schlecht organisiert, die Seite technisch unterirdisch und das System parteiisch und ‚der Teufel macht immer auf den größten Haufen‘-isch finden, ich habe ja doch nur die Wahl, es entweder zu versuchen, oder gleich zu verlieren.