Marc-Uwe Kling – Qualityland

QualityLand

Buchdetails

  • Genre: (Humor), ich würde hier aber eigentlich eher Political Fiction oder Literatur im Allgemeinen sagen, dazu Science Fiction
  • Erscheinungsdatum:  2017
  • Verlag: Ullstein
  • ISBN: 9783550050152
  • Hardcover 384 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Klappentext: 

In Qualityland lautet die Antwort auf alle Fragen: OK

 

Inhalt: 

In Qualityland ist die Technik immer für einen da. Der Algorithmus weiß, was man kaufen möchte, noch bevor man sich wirklich darüber im Klaren ist, der Algorithmus weiß genau, welcher Partner perfekt zu einem passt und erleichtert auch gleich die Trennung vom bisherigen Partner und selbst den besten Freund kann einen die Technik nun ersetzen. Ein Roboter tritt sogar zur Wahl des nächsten Präsidenten an.

Als Peter Arbeitsloser aber einen rosanen Delfinvibrator vom Shop zugesandt bekommt, geht ihm auf, dass Maschinen vielleicht doch nicht so fehlerlos sind, wie einem das System immer weismachen will. Und, dass vielleicht auch das System selbst nicht gerade dem Wohl aller dient.

 

Charaktere: 

Besonders herausstechend sind hier eigentlich die Nebencharaktere. Die drei Protagonisten – Peter Arbeitsloser, Martyn (ein Politiker) und John of Us (der kybernetische Präsidentschaftskandidat) – sind zwar auch interessant und gerade Peters Blickwinkel ist für die Geschichte wichtig, aber die Nebencharaktere geben dem Roman eine gewisse Tragikomik. Ein Anwaltsroboter, der ausgemustert wurde, weil er ein Gewissen entwickelte, ein Sexdroide mit erektiler Dysfunktion und eine Drohne, die Flugangst hat, sind nur einige von ihnen und in meinen Augen sind sie das Herz des Romans.

Dennoch wurden auch die Protagonisten gut ausgearbeitet und tragen die Geschichte problemlos.

 

Meinung:

Für mich ist dieser Roman kein typisches Werk von Kling. Das mag daran liegen, dass er erst drei Bücher verfasst hat (von Sammelbänden abgesehen) und die eine Trilogie waren. Vielleicht rangiert sein Stil zwischen den beiden ‚Extremen‘. War die Känguru-Trilogie noch sehr viel absurde Komik mit unterschwelliger politischer Botschaft, steht hier klar die Botschaft im Mittelpunkt und der Humor ist nur unterschwellig vorhanden. Dabei erreicht er hier – in meinen Augen – eine beinahe schon kafkaeske Grundstimmung. Düster und tragikomisch mit einer nicht greifbaren Macht, die über die Menschen bestimmt.

Dabei ist sein Setting einer von der Technik und Algorithmen fast vollständig gesteuerten Welt, in der die Menschen immer mehr auf Selbstoptimierung gedrillt sind, aber die Anzahl vom System abgehängter Bürger stetig wächst, so nah an unserer eigenen Welt dran, dass das Lesen partiell schmerzhaft an das eigene Leben erinnert – gerade, wenn man von virtuellen Freunden, die immer für einen da sind, und personalisierten Büchern, die dem eigenen Geschmack immer entsprechen, liest. Man ist zwischenzeitlich immer wieder gewillt, selbst einem so nennen wir es technodiktatorischem System zum Opfer zu fallen, obwohl man weiß, dass die dargestellte Welt noch schlechter als unsere ist. Damit stellt Kling bewusst oder unbewusst auch die Verführungskraft heraus, die ein Schritt in diese Richtung auf Menschen hat und lässt dem Leser klar werden, wie nah dran wir sind, wirklich eine solche Welt zu erschaffen.

Einzig der inflationäre Gebrauch von Sex in jedem erdenklichen Kontext stößt dabei übel auf, weil das ein wenig kindisch wirkt.

 

Fazit: 

Vor Kurzem gab es einen gegen Blogger gerichteten Feuilletonbeitrag, der kritisierte, dass Blogger nur zum Vergnügen läsen, Bücher aber weh tun, kratzen und beißen müssten. Dieser Roman könnte das Potenzial haben, beide Lager kurzzeitig zu einen. Ich fühlte mich gut unterhalten, stellenweise hat es aber auch ‚weh getan‘, weil man immer wieder mit der Realität konfrontiert wurde – in der wir in sozialen Netzwerken jetzt schon zum Teil von Algorithmen kontrolliert werden.

(Dennoch: Weniger Sex wäre schöner gewesen.)

 

 

Funfacts: Yay, Filmanspielungen. So etwas liebe ich. Dazu Buchanspielungen und Klassiker der Soziologie.

8 Gedanken zu „Marc-Uwe Kling – Qualityland“

  1. Dieses Buch überflutet im Moment meine ganze Social Media 😀 Muss mir das unbedingt holen, das hört sich genau nach meinem Humor an 😀

    Und Marc-Uwe Kling finde ich sowieso genial!

    LG Sina

    Antworten
  2. Sehr interessant! Ich liebe düstere Romane und Deine Rezension macht mir wirklich noch mehr Lust, mir dieses Buch bald zu holen. Leider war es in „meinen“ Buchhandlung bisher noch nicht ausgeleget und da ich noch um die 30 Bücher ungelesen hier hab, wollte ich es nicht bestellen. Aber wenn es mir mal unter die Finger kommt, kommt’s mit 🙂
    Danke für die Rezension und hab ein schönes Wochenende
    LG Tabea von Buchbunt

    Antworten
  3. Warum müssen Bücher unbedingt wehtun? Am Ende ist es wichtig, dass die Menschen (auch Blogger) lesen, weil sie Spaß daran haben und wenn man keine ernsten, weh tuenden Bücher lese kann, ist das genauso in Ordnung wie eben solche Bücher zu lesen oO

    Zum Buch: Es steht ja schon auf meiner Wunschliste und wird da auch bleiben und eines der nächsten Bücher sein, welches ich kaufen werde =)

    Liebste Grüße,
    Vivka

    Antworten
    • Weil Feuilletonisten scheinbar glauben, dass Eskapismus armselig sei und Bücher nur dann einen Mehrwert haben, wenn sie einen aus der Comfortzone scheuchen und den Horizont erweitern. Wissenschaftlich gesehen völliger Unsinn, aber leider denken die Reichen und Schönen heute immer noch so und schauen auf jeden herab, der zur Unterhaltung liest.

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