#SchullektuereChallenge Rezension 4: G. E. Lessing – Emilia Galotti

Emilia Galotti: Ein Trauerspiel in fünf AufzügenBuchdetails

  • Erinnert an: /
  • Genre: Klassiker, Theaterstück
  • Erscheinungsdatum: Erstaufführung 1772 (in Braunschweig <3), Edition 2005
  • Verlag: Reclam
  • ISBN: 3-15-000045-9
  • Taschenbuch Mit Anmerkungen 102 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Da dies ein Klassiker ist, und ich auf den gesamten Inhalt eingehen muss, um meine Bewertung zu begründen, lauern hier SPOILER!
Ye be warned!

Inhalt: 

Der Prinz von Guastella ist bekannt als Lebemann. Gerade erst hat er seine letzte Geliebte verlassen und möchte nun, trotz seiner bevorstehenden Hochzeit, Emilia Galotti als Geliebte gewinnen.

Die aber will just an dem Tag, an dem das Stück spielt, aus Liebe einen Grafen heiraten, der für sie seine Stellung aufgibt, weil sie zu sehr unter seinem Stand ist, dass er in der Gesellschaft an ihrer Seite noch angesehen sein könnte.

Als der Prinz das erfährt, will er sich erst in seinem Elend suhlen, doch sein Kammerherr redet ihm ein, dass noch längst nicht alle Hoffnung vergebens ist, worauf der Prinz ihm freie Hand in der Wahl seiner Mittel lässt. Aber auch er selbst lässt allen Anstand fahren und brüskiert Emilia in der Kirche, wo sie vor der Trauung noch alleine den Beistand Gottes erbitten will.

Als sie schließlich zum Ort ihrer Hochzeit reisen will, wird ihre Kutsche überfallen und ihr Bräutigam getötet. Sie selbst wird zum Lustschloss des Prinzen ‚gerettet‘, wo sie lange Zeit im Unklaren und zeitweise auch von ihren herbeieilenden Eltern ferngehalten wird.

Langsam können die aber, mit Hilfe der ehemaligen Geliebten des Prinzen, alle Puzzleteile zusammensetzen und begreifen, dass der Prinz alles getan hat, um Emilia für sich zu gewinnen. Der verweigert auch die Herausgabe des Mädchens an ihre Eltern.

Als ihr Vater endlich zu ihr gelassen wird, um sich zu verabschieden, beschließen beide, dass der Tod ein besseres Schicksal ist, als unfreiwillig die Geliebte eines so besessenen Mannes zu werden. Da es sich für eine Frau aber nicht schickt, sich selbst zu töten, nimmt ihr Vater ihr diese Bürde ab und wird vom Prinzen, der zum Ende hin begreift, was er angestoßen hat, nur verbannt, nicht aber getötet.

 

Aufbau:

Eine Tragödie in 5 Akten.

 

Gelesen habe ich das Buch in Fach/Klasse: 

Diesmal war es … Klasse 12 im ersten Anlauf, glaube ich. 2006/07 müsste es gewesen sein. Wir haben es, wenn ich mich recht erinnere, nur in der Schule angefangen, weil es nicht Pflichtstoff, sondern privater Liebling meiner damaligen Lehrerin war, und dann zuhause freiwillig zu Ende gelesen. Beschwören kann ich es aber nicht.

(Frau M., ich vermisse Sie, Sie waren toll! – sie hat mit uns auch das literarische Quartett geschaut und nachgestellt und ich durfte dafür Pratchett einbringen!)

 

Das hielt ich als Schüler von dem Buch:

Hier war ich zwiegespalten. Einerseits fand ich die Handlung spannend, bedrückend, aber eben absolut nicht langweilig. Andererseits hat es mich aber immer stinkwütend gemacht, dass Frauen sich nicht mal selbst umbringen durften. Da kann Lessing nichts für, das war schlicht die Art seiner Zeit. Aber ich war sauer! Eventuell hat mich das erst an Feminismus herangeführt.

 

So hat sich meine Meinung geändert:

Heute sehe ich den Feminismus in diesem Werk noch stärker als je zuvor. Die Gräfin Orsina, ehemalige Geliebte des Prinzen, führt an: Frauen sollen nicht denken, nicht philosophieren. Dadurch, dass sie klug ist und das hat durchscheinen lassen, sei sie für den Prinzen erst unliebsam geworden. Nur deshalb habe er sie verstoßen.

Emilia hingegen muss schon fürchten, dass ihr Ruf angekratzt ist, weil der Prinz sie nur in der Kirche angesprochen hat. Da schon ist sie Angst und Bange. Dabei ist es nicht einmal ihr Vergehen, sondern das des Prinzen.

Und zuletzt hat sie als Frau keinen anderen Ausweg vor der Vergewaltigung durch eine Machtperson, als sich das Leben zu nehmen, beziehungsweise ihren Vater darum anzuflehen, ihr die Tat abzunehmen.

Obwohl vielleicht eher als bürgerliches Stück über die Willkür und Machtausnutzung der Adligen geschrieben, hat Lessing damit etwa 40 Jahre vor der ersten feministischen Welle in Deutschland beschrieben, wie sehr Frauen in der Gesellschaft zum Spielball der Männer degradiert wurden. Wie wenig Recht am eigenen Körper sie hatten und wie sehr sie um ihren Ruf fürchten mussten, wenn Männer die Etikette nicht achteten.

Gerade im Zuge der aktuellen MeToo-‚Debatte‘ (in Ermangelung eines besseren Wortes) hat dieses Stück eine ungeheure Relevanz, weil es zeigt, dass die Problematik, dass Männer ihre Machtstellung ausnutzen, um an Frauen zu kommen, schon vor 250 Jahren bekannt war, und offen aufgezeigt wurde. Das führt einem erst vor Augen, wie wenig sich seit dem verändert hat.

 

Fazit: 

Hat mich früher noch das Stück selbst sauer gemacht, weshalb ich es vermutlich nicht richtig zu schätzen wusste, sehe ich es jetzt eher als Mahnmal dafür, was Frauen teils heute noch erleiden müssen. Nach über 250 Jahren immer noch sehr wichtig in seinen Aussagen.

(Leider ein bisschen langatmig an manchen Stellen geschrieben, und gerade die vielen Sprechpausen, die Lessing eingeplant hat, sind, wenn man sich das mal vorliest, wirklich störend, daher kann ich keine volle Sternzahl geben. Aber das mindert nicht die Relevanz!)

 

Meinungen anderer Blogger: 

//

Schreibe einen Kommentar

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich stimme zu