#SchullektuereChallenge Rezension 12: G. E. Lessing – Nathan der Weise

Buchdetails

  • Erinnert an: Daily Soap, wenn sie noch spannend sind, bevor alle mit einander schlafen. Nur stilvoller 😉
  • Genre: Klassiker, Drama
  • Erscheinungsdatum: Veröffentlicht 1779, Uraufführung 1783, Edition 1990 (daher auch so zerfleddert, weil viel geliebt und mehrere Leute in der Familie und deren Schullaufbahn durchlaufen)
  • Verlag:  Reclam
  • ISBN: 3-15-000003-3
  • Taschenbuch 160 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Trigger: Hausbrand, Antisemitismus (einzelner Charaktere), Rassismus (einzelner Charaktere)

Da dies eine Schullektüre ist, und ich auf den gesamten Inhalt eingehen muss, um meine Bewertung zu begründen, lauern hier SPOILER!
Ye be warned!

Inhalt: 

Als der jüdische Kaufmann Nathan von einer Handelsreise zurück kommt, erfährt er, dass es bei ihm zuhause gebrannt hat und seine Pflegetochter beinahe gestorben wäre, hätte nicht ein christlicher Tempelritter sie gerettet. Dieser wiederum war gerade erst vom muslimischen Herrscher der Stadt begnadigt worden, weil er dem verstorbenen Bruder des Sultans so ähnlich sieht.

Doch der Retter will zunächst keinen Dank annehmen und es braucht Engelszungen, um ihn dazu zu bringen, sich doch zumindest kurz den Dank der Geretteten anzuhören. Und schon ist der Gutste verliebt. Und das in ein Judenmädchen, was ihn in einen Gewissenskonflikt bringt. Dennoch bittet er Nathan um die Hand seiner Ziehtochter, was dieser aber zunächst nicht annehmen will, sondern um Zeit bittet, um Informationen einzuziehen.

Währenddessen ist Sultan Saladin in Geldnöten. Lange ausstehende Tributzahlungen kommen einfach nicht. Also muss er Nathan um ein Darlehen bitten. Doch als er diesen austricksen will, weiß Nathan nicht nur schon lange von Saladins Nöten und hilft bereitwillig, sondern weiß mit weisen Worten auch den Sultan als Freund zu gewinnen.

Der Templer lernt unterdessen, dass das junge Mädchen, das er gerettet hat, von Nathan nur aufgezogen wurde, in Wirklichkeit aber das Kind einer Christin ist. Er bittet, rein hypothetisch sprechend, den Patriarchen im Kloster um Rat, nicht ahnend, dass dieser das gleich nutzt, um gegen den noch unbekannten Juden ein pauschales Todesurteil zu verhängen.

Aus eben diesem kann Saladin den Templer aber wieder herausreden und letztlich kommt auch Nathan mit den Informationen, die er vor einer möglichen Hochzeit suchen wollte. So stellt sich heraus, dass seine Tochter Recha zwar wirklich das Kind einer Christin ist, ihr Vater aber nicht nur der Bruder des Sultans war, sondern auch der Vater vom Templer ist. (Ich sagte doch, wie eine Daily Soap. Nur viel besser.)

 

Gelesen habe ich das Buch in Fach/Klasse: 

2005/2006, Klasse 11 im Fach Deutsch. Von Kleist ging es gleich zu Lessing weiter.

 

Das hielt ich als Schüler von dem Buch:

Wie gesagt, vorher hatte ich Kleist, daher war Lessing eine Erholung für mich. Die Sprache ist zwar immer noch etwas anstrengend, aber im Vergleich viel besser als die von Kleist oder Sophokles. Und dann die Thematik. Ich habe das Buch geliebt!

 

So hat sich meine Meinung geändert:

Heute fällt mir die etwas komplizierte Sprache mehr auf. Nicht so schlimm wie bei anderen Autoren. Lessing schreibt zwar irgendwie ’schnörkelig‘, aber durchaus noch verständlich und ohne, dass man das Gefühl hat, beim Lesen einen Krampf in den Hirnwindungen zu bekommen. Dennoch habe ich mit drei Tagen erschreckend lang an Nathan gelesen, für ein Buch, dass ich liebe – und das nur 160 Seiten hat, Anmerkungen schon inbegriffen.

Auch fiel mir diesmal mehr auf, dass manche Charaktere doch unsympathisch sind. Ein Freund Nathans, ein Derwisch (also ein persischer Bettelmönch) bezeichnet Schwarze hier als dreckig. Ob dies nur im Zusammenhang mit der Zeit und der sozioökonomischen Situation zusammenhängt – denn er soll für den Sultan um Geld bitten und meint vielleicht wirklich dreckig hier nur im Sinne von armen Bettlern? -, wird in den Anmerkungen leider nicht deutlich gemacht. Es kann also sein, dass es hier nicht rassistisch gemeint ist, sondern nur darauf hinweisen soll, dass Schwarze unter Saladin zum Betteln verdammt sind, und so liberal, wie Lessing sonst schreibt, ist die Hoffnung auch nicht ganz abwegig, aber dennoch fand ich diese Stelle störend.

Dafür aber find ich die Art, wie mit religiösen Vorurteilen umgegangen wird, heute noch besser. So richtig habe ich damals noch gar nicht begriffen, dass Recha, also Nathans Ziehtochter, damit ein Kind dreier Religionen ist, und dennoch von allen Seiten geliebt wird. Die Ringparabel habe ich natürlich verstanden, und auch, dass Lessing damit für seine Zeit sehr mutig war, indem er ausdrückte, dass es nicht DIE Religion gibt, sondern die drei monotheistischen Religionen Brüder sind und jede vom Vater – also Gott – gleich geliebt wurde. Aber, dass diese Verbundenheit in der Person Rechas, und in den Familienbanden (Bruder Tempelritter, Ziehvater jüdischer Kaufmann, leiblicher Onkel muslimischer Herrscher) so gelebt wurde, hab ich beim Lesen in der 11. und auch beim Besuch des Stückes, nicht weiter bedacht.

So entdeckt man eben bei jedem Lesen noch einmal etwas Neues.

Nathan bleibt in jedem Fall mein Lieblingsklassiker.

 

 

Fazit: 

Ein Manifest gegen religiöse Vorurteile, verpackt in guter Unterhaltung.

 

 

Meinungen anderer Blogger: 

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