Warum ich Challenges liebe und warum ich sie hasse

 

Heute möchte ich mit euch über Lesechallenges reden. Ihr wisst schon, die Sachen, wo man sich alleine oder in Gruppen Ziele stellt, mal gegen den eigenen inneren Schweinehund anliest, mal versucht, einen Preis zu gewinnen. Challenges gibt es viele. Und deshalb fällt es schwer, sie alle über einen Kamm zu scheren.

Aber eines ist ihnen dann doch oft gemein: Man muss sich zwingen. Wenn man sich nicht zwingen muss, ist es keine wirkliche Herausforderung. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass selbst Challenges, bei denen man haargenau das liest, was man eh immer lesen würde, nach einer Weile zur Qual werden. Dass man dann gezielt schaut, ob das Buch auch wirklich reinpasst, und sich selbst dann dazu zwingt, wenn man gerade etwas außer der Reihe lesen wollen würde.

Dabei haben Challenges, je nachdem, wie sie aufgestellt werden, wirklich tolle Eigenschaften:

  • Man kann über den eigenen Tellerrand schauen. So bieten zum Beispiel WirLesenFrauen, aber auch die international beliebte Popsugar Challenge verschiedenste Aufgaben, die einen manchmal etwas aus der Komfortzone locken. Dabei kann man seinen Horizont erweitern, neue Genres erkunden, Vielfalt fördern oder neue Länder kennen lernen, und bei all dem noch ein Erfolgserlebnis oben drauf kriegen, immerhin kann man so einen Punkt abhaken.
  • Bei manchen Challenges gibt es eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich gegenseitig Buchtipps gibt (auch hier ist WirLesenFrauen gut dabei), anspornt und zusammen Spaß hat.
  • Sich selbst herauszufordern und dabei zu ‚gewinnen‘ schüttet selbst schon Glückshormone aus.
  • Und nicht zu vergessen – wir Blogger*innen haben somit einen Grund für Beiträge – in Blogflauten immer gut.
  • Man kann Bücher plötzlich völlig neu sehen – so ging es mir teilweise bei der Schullektürechallenge.

Wenn da nur die Schattenseiten nicht wären:

  • Overachieving. Das bemerke ich bei mir selbst oft, zumindest, wenn es eine zeitlich begrenzte Challenge ist. Ich les dann in der Zeit wirklich fast nur passende Bücher und verderb mir damit jeden Spaß. Aber nicht nur das. Dadurch, dass ich arbeitslos bin, hab ich mehr Zeit als die meisten Leute – das heißt, wenn es hier was zu gewinnen gibt, gewinne ich es auch. Und habe im Anschluss ein unglaublich schlechtes Gewissen, weil Leute mit Job, Privatleben oder Hobbies gar keine Chance gegen mich haben, wenn es um Preise geht. Wenn immer die selbe Person gewinnt, ist das doch aber nervig und abschreckend und … schon hasse ich mich dafür, dass ich so viel gelesen habe und allen den Spaß verderbe.
  • Der Zwang. Man kann Bücher noch so sehr lieben. Wenn Zwang dazu kommt, hängen sie einem doch bald zum Hals raus, wie oben schon bemerkt.
  • Bei manchen Challenges ist man auch einsam. Es geht nur gegen einen selbst, so dass die Motivation bald nachlässt. So geht es mir gerade bei der Rory Gilmore-Challenge, die ja theoretisch viele Menschen weltweit machen, für die es aber keine wirkliche Community gibt, und mit der Buchspringer-Challenge, die ich selbst nach der Lektüre des Romans in die Welt gesetzt habe, und die eh nie jemanden interessiert hat. Aber nach einer Weile fragt man sich, wofür man das überhaupt macht. Und sogar bei meiner Schullektüre-Challenge, wo ich sogar einen Geldpreis in Aussicht gestellt habe, hatte keiner Interesse.

Challenges können also schön sein, aber auch sehr problematisch. Für die Psyche, für den Lesespaß, für die Freizeitgestaltung.

Warum also stellen wir uns selbst immer wieder Herausforderungen? Für ein schnelles Glücksgefühl bei jedem abgehakten Punkt? Für einen potenziellen Gewinn über das Gelesene hinaus? Oder sind wir so sehr im Laufrad des Lebens gefangen, dass wir einfach daran gewöhnt sind, nur etwas wert zu sein, wenn wir immer neue Ziele stellen und erfüllen?

Ich kann nichts davon beantworten. Und ich glaube auch nicht, dass ich Challenges komplett aufgeben werde. Besonders die Goodreads-Challenge mag ich. Ich setze mir ein sehr realistisches Ziel (ein Buch pro Woche) und bin am Ende des Jahres bei 200-500%. Glückshormone frei Haus, egal, wie sinnlos sie eigentlich sind.

Aber ich glaube, ich werde die Challenges, die mich belasten, nicht mehr länger fortsetzen. Mich durch wirklich FURCHTBARE Bücher quälen, nur, weil Rory Gilmore die mag? (Sorry, Rory, aber Anna Karenina ist richtig schlecht!) Oder an der Buchspringer-Challenge festhalten, obwohl ich die völlig alleine mache und niemanden da draußen interessiert, dass ich sie mache, oder, dass sie auch nur existiert? Nein, danke.

Das ist der erste Schritt. Vielleicht schaffe ich es in Zukunft auch, bei anderen Challenges wieder einfach nur aus Spaß mitzumachen und es nicht eskalieren zu lassen. Wir werden sehen. Klar ist mir aber, dass ich Challenges jetzt nur noch dann (weiter)machen will, wenn die positiven Punkte für mich überwiegen.

 

Und wie sieht das bei euch aus? Macht ihr bei Challenges mit? Was mögt ihr besonders oder gar nicht? Und gibt es eine Challenge, die ihr unglaublich gern mal haben würdet, die ihr aber noch nie gefunden habt?

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