Genevieve Cogman – Die unsichtbare Bibliothek (#1)

Die unsichtbare BibliothekBuchdetails

  • Erinnert an: eine Mischung aus Buchland, und der Bibliothek der unsichtbaren Universität in Ank-Morpork im Aufbau der Buchwelt, im allgemeinen Setting eher an eine Steampunk-Fantasy-Version von Sherlock Holmes
  • Genre: Steampunk/Fantasy/Krimi
  • Erscheinungsdatum: 2015
  • Verlag: Bastei Lübbe
  • ISBN: 9783404207862
  • Taschenbuch 432 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Triggerwarnungen: Tierquälerei, Gift, Mord, sexuelle Anspielungen, Gewalt

Inhalt: 

Gerade erst hat sie ein Buch aus einer Welt zurückgeholt und freut sich auf einige Monate Zeit für Forschung, da wird Irene direkt in die nächste Welt geschickt. Zusammen mit einem Studenten soll sie eine Erstausgabe der Gebrüder Grimm für die Bibliothek finden und herbringen. Doch schon auf dem Weg in die Welt will eine verhasste Kollegin ihr den Auftrag abjagen – und dann ist die Welt auch noch vom Chaos verseucht und der bisherige Besitzer des Buches wurde gerade ermordet. Doch von wem und wo ist das Buch jetzt? Irene und ihr Student müssen ermitteln und aufpassen, sich nicht selbst am Chaos anzustecken.

 

Aufbau:

Hier liegt die Besonderheit im Aufbau daran, dass der Leser extrem abrupt in die Welt geworfen wird und keinen Charakter hat, an dem er sich orientieren kann, um die Welt erst einmal kennen zu lernen. Irene macht ihren Job schon viele Jahre und selbst Kai, ihr Student, ist schon seit fünf Jahren in der Bibliothek. Beide geben dem Leser also keinerlei Möglichkeit, die Welt wirklich zu verstehen. Erste Erklärungen kommen erst nach der Hälfte des Buches. Bis dahin muss der Leser irgendwie versuchen, nicht ganz den Faden zu verlieren und nicht genervt aufzugeben, weil man absolut nicht nachvollziehen kann, was die Charaktere da machen und vor allem WARUM.

 

Charaktere: 

Auch hier mangelt es.

Irene selbst kommt im ersten Moment halbwegs sympathisch rüber. Sie ist eher sachlich und distanziert – was für viele bei Buchcharakteren unangenehm ist, was ich selbst aber ganz gern mag. Sie kann sich in Institutionen einschleusen und als so etwas wie eine Geheimagentin arbeiten, hat aber gleichzeitig eigentlich vor allem akademische Interessen.
Und dann macht sie es kaputt, indem sie, obwohl sie erst tough wirkt, plötzlich ihr ganzes Selbstbewusstsein daraus zieht, was Männer von ihr denken. So ärgert sie sich schon am ersten Abend der Mission, nicht auf das Angebot ihres Studenten(!) eingegangen zu sein, mit ihm zu schlafen und wechselt den Rest des Buches zwischen Anhimmelung für ihn und für deinen Detektiv hin und her. Und dann gibt es noch die Momente, in denen sie wie ein naives Schulkind wirkt. Wie? Man kann Bücher auch an Museen spenden? Wer würde denn sowas machen? Jeder, der sie aufbewahren will? Du machst selbst nicht wirklich was Anderes, nur, dass DU die Bücher klaust.

Kai wiederum kommt auch merkwürdig rüber. Gut, er soll mysteriös sein, immerhin verbirgt er ein Geheimnis. (Eines, das man trotz Aufdecken in seinem Effekt bis zum Ende nicht versteht.) Aber welcher halbwegs vernünftige Student fragt eine völlig Fremde, die ihn auch noch ausbildet, ob sie nicht gerade Lust auf Sex hat? Und dann seine in anderen Bereichen übermoralische Einstellung – ganz egal, was deine Familie dir angetan hat, du darfst NIEMALS den Kontakt mit ihnen abbrechen, sonst bist du böööööse. Die vergisst er dann aber gleich bei der nächstbesten Gelegenheit, wenn er zufällig mit dem, den er gerade noch verachtenswert fand, kooperieren muss, wenn er voran kommen will.

Der Einzige, der halbwegs sympathisch ist, ist Detektiv Vale. Nicht nur bietet er dem Leser endlich auch einen kleinen Einstieg ins Verständnis des Worldbuildings hier. Er ist auch noch zumindest nicht offen nach außen erkennbar an Sex interessiert und schafft es tatsächlich, sich auf den Fall zu konzentrieren. Dabei soll er allerdings Sherlock Holmes nahe kommen – und versagt dabei völlig. Er ist authentisch sympatisch – was schon mal weit entfernt von Holmes ist – und gleichzeitig ist er zwar nicht dumm, aber ihm fehlen die messerscharfe Brillanz und die beißende Zunge. Trotzdem himmelt Irene ihn als das Abbild ihres geliebten Sherlocks aus ihren noch mehr geliebten Krimis an, was für mich darauf hindeutet, dass die Autorin ihn eigentlich Sherlock-esker schreiben wollte und dabei nur versagt hat.

 

Meinung:

Zunächst mal muss ich sagen, dass ich die deutsche Übersetzung gelesen habe. Die ist – zumindest in der Version von 2015 – wirklich nicht gut. Bei Sätzen, die einfach doppelt, nur mit etwas anderem Wortlaut drin stehen, könnte das auch im Original so sein.

„Dort gibt es überall verrückte Wissenschaftler. Die Leute, die ich befragt habe, deuteten an, da gebe es irgendeine Art von verrückten Wissenschaftlern.“ (S. 101)

Jetzt sag bloß, da könnte es auch noch Wissenschaftler geben. Bist du dir sicher, dass die nicht verrückt sind?

Aber spätestens da, wo englische Redensarten wortwörtlich ins Deutsche übersetzt werden, wo sie im besten Fall ungelenk wirken, im schlimmsten Fall gar keinen Sinn ergeben, liegt das Problem klar an der Übersetzung.

Dann muss es aber auch schon im Original erhebliche Fehler im Lektorat gegeben haben. Der Tote war laut Aussage eines Inspektors in den drei Tagen vor seinem Tod nicht bei der Bank (S. 279). Auf Seite 282 aber suchte er am Tag vor seiner Ermordung die Bank auf. Was denn nun?!

So ist das ganze Buch voller Fehler, die mich einfach auf Dauer massiv störten. Und dazu dann noch Irenes ständiges Anbiedern, das nie dargelegte Worldbuilding, … Und auch, dass das hier vor allem ein Krimi ist, war vom Klappentext nicht abzulesen gewesen – ich mag Krimis nicht so wirklich und nur, wenn sie wenigstens humorvoll sind. Das ist dieses Buch hier aber gar nicht. Keine einzige Pointe lässt sich finden, dabei wäre doch Vale als Sherlock Holmes-Verriss ein idealer Comic Relief gewesen. So aber ist das Buch vor allem eine gute Idee, die aber sehr schlampig umgesetzt wurde.

Ich werde die Reihe jedenfalls sicher nicht fortsetzen. Und beim Durchsuchen all der Lesezeichen, die ich mir für diese Rezension gemacht habe, habe ich entschieden, dass das Buch mir nicht mal die drei Sterne wert ist, die ich ihm zunächst gab.

 

Fazit: 

Demontage einer unabhängigen Frauenfigur zu einem ständig errötenden Groupie mit Möchtegern-Sherlock und nach Band 1 noch völlig unverständlichem Worldbuilding, eingepackt in eine Idee, die eigentlich ganz gut war.

 

Meinungen anderer Blogger: 

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