Frederik Jötten, Jens Lubbadeh – Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?

Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)

Buchdetails

  • Erscheinungsdatum: November 2013
  • Verlag: Rowohlt Verlag
  • ISBN: 978-3-499-60152-1
  • Taschenbuch   256 Seiten
  • Sprache: Deutsch

 

Klappentext: 

Frederik Jötten und Jens Lubbadeh kennen jeden Schmerz: im Rücken, im Knie, im Fuß. Sie gehen zum Arzt, wenn ein Muskel zuckt, probieren Zahnbleaching und tragen schon mal Operationsmasken, um die Grippesaison zu überstehen. Was dabei herauskommt? Lustige bis tragische Patientengeschichten auf der einen Seite – und gesundheitliche Aufklärung auf der anderen, denn die beiden konsultieren auch Experten. So erklärt ein Professor, warum es kein Hinweis auf Demenz sein muss, wenn man ständig seine Brille verlegt, oder ein Zahnarzt, wie man sich optimal vor Karies schützt.

Aufbau:

Jeweils einem Kolumnentext folgt ein fachlicher Beitrag, oft von einem medizinischen Spezialisten des in der Kolumne behandelten Themas. Dazu sind die Kolumnenbeiträge in thematisch passende Untergebiete eingeteilt, die mit einer Karikatur und einem vorgestellten Einführungstext beginnen.

 

Fazit: 

Während die Beiträge der Spezialisten beziehungsweise die fachlich erklärenden Texte interessant sind – wenn auch teils ein wenig mehr verraten, als einem lieb ist, zum Beispiel über den allseits bekannten Chlorgeruch -, so wirken die Kolumnen oft so überspitzt, dass es nicht mehr lustig ist. Die Autoren wirken teils wie nervige Memmen, die hinter jedem Schatten auf ihrem Gesicht eine Ursache für Osteoporose erkennen, teils arrogant und angeberisch. Humoristisch ist hier nichts, einiges aber auch nicht unter den Titel passend. So ist es zwar interessant, zu wissen, welche Inhaltsstoffe Schokolade hat und wie diese wirken, mit Ärzten und Apothekern hat dies aber gar nichts zu tun. Ein rein fachliches Buch ‚Was Sie schon immer über Ihren Körper wissen wollten‘ hätte sich zwar vielleicht schlechter verkauft, wäre aber letztendlich unterhaltsamer und und von mehr Mehrwert für den Leser gewesen.

 

[Kurzrezension] Rainer Dresen, Anna Nina Schmid – Kein Alkohol für Fische unter 16

Bildergebnis für kein alkohol für fische unter 16Eine dieser vielen Sammlungen bizarrer Urteile, Klagen, Gesetze (und Gesetzesnamen). Die gibt es zwar mittlerweile wie Sand am Meer, aber tatsächlich haben sich die Autoren Mühe gegeben, keine aufzugreifen, die in anderen (oder zumindest den mir bisher bekannten) Sammlungen dieser Art auftauchen. Dennoch wirken viele Urteile und Klagen fast schon normal und alltäglich. Das Buch ist zwar nicht langweilig und hat zum Glück keine dieser betont albernen Einführungen zu den jeweiligen Beispielen, oder entsprechende Kommentare, aber wirklich fesseln oder stark zum Lachen bringen, konnte es mich auch nicht.

[Kurzrezension]Andreas Lehmann – Heiraten ist gut gegen Depressionen

Bildergebnis für heiraten ist gut gegen depressionenAuch wenn der Untertitel auf amerikanische Wissenschaftler eingeht und damit eine gewisse Lächerlichkeit andeuten möchte – weil zumindest das Klischee existiert, dass amerikanische Studien nicht glaubhaft sind -, so kommen hier Studien aus aller Herren Länder vor. Mehrfach welche des Max-Planck-Instituts in Deutschland, aber auch England, Russland und Skandinavien.

Damit ist schon verraten, dass dieses Buch trotz des Humor andeutenden Titels gar nicht dafür gemacht ist, die Studien ins Lächerliche zu ziehen. Statt dessen ist es vielmehr eine Sammlung von Studien, die teilweise schon bekannt, weil medial kommuniziert, oft aber für den Normalzeitungsleser noch unbekannt sind.

Der Autor enthält sich hierbei weitestgehend Kommentaren, mit Ausnahme der jeweiligen Kapiteleinleitung, so dass die Studien für sich stehen. Einzig vermutlich als verdeckter Kommentar gewählt ist die letzte Studie, die besagt, dass die meisten veröffentlichten Studien anzuzweifeln sind, wegen zu geringer Stichproben, Rechen- und Interpretationsfehlern, …

Das Gefühl hat man auch beim Lesen der Studien selbst. Obwohl viele der ‚Ergebnisse‘ interessant klingen, ist doch anzuzweifeln, ob sie einer Wiederholung der Studie standhalten würden. Dennoch ist das hier ein ganzes Arsenal an zu überprüfenden Thesen, die meinen Forschungsdrang geweckt haben.

Abzug muss ich allerdings wegen fehlender Quellen geben. Würde ich jetzt die Regressionsanalysen, die Fehlerwahrscheinlichkeiten, die Stichprobengrößen, so im Buch nicht erwähnt, und bei Experimenten die tatsächliche Zufallsverteilung überprüfen wollen, um mir selbst ein Bild von der Glaubhaftigkeit der Studie machen zu können, so müsste ich lange suchen. Für denjenigen, der aber nicht selbst mit Statistikprogrammen und wissenschaftlicher Datenverarbeitung umgehen kann und den es deshalb nicht in den Fingern juckt, das hier auch zu nutzen, für den könnte das ein amüsantes, und teilweise auch erhellendes Lesevergnügen sein. (Für mich auch, nur will ich jetzt eben die Studien replizieren und habe nicht die Mittel und nicht die Mitarbeiter und das ist Folter.)

[Kurzrezension] Ranga Yogeshwar – Ach so!

Ach so! Warum der Apfel vom Baum fällt und weitere Rätsel des... by Ranga YogeshwarAuch das zweite Werk kann mich nicht wieder in die kindliche Neugier versetzen, die ich  jedes Mal verspürte, wenn früher das Intro von Quarks&Co. lief. Die Themenauswahl ist hier spannender, die kurze Seitenzahl pro Frage oft besser genutzt und an Herrn Yogeshwar ist, traut man seinen Illustrationen, ein Künstler verloren gegangen. Aber dennoch saß ich oft am Ende eines Kapitels da und dachte: „Das kann doch jetzt nicht alles gewesen sein.“ Teilweise stellte ich meine weiterführenden Fragen Freunden, die sich etwas mit der jeweiligen Materie auskennen, teilweise blieben sie völlig unbeantwortet.

Was letztlich aber dafür gesorgt hat, dass ich das Buch nicht so gut bewerten kann, wie ich es eigentlich anfangs vorhatte, sind die letzten Kapitel, die eigentlich nicht in ein solches Werk passen. Statt ‚Ranga Yogeshwar erklärt uns die Welt‘ heißt es hier ‚Ranga Yogeshwar will vielleicht Denkanstöße setzen, drückt uns aber seine Meinung auf‘. Das darf er gerne machen, aber nicht in einem Buch, indem er uns die Rätsel des Alltags erklärt, weil manch ein Leser mit Sicherheit nicht intelligent genug ist, zu begreifen, dass hier in den letzten Kapiteln kein Wissen beschrieben wird, sondern nur eine Meinung. Nichts, das Anspruch auf Absolutismus erheben kann.

Anna Grammah – Müssen wir schon wieder machen, was wir wollen?

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Buchdetails

  • Erscheinungsdatum: April 2013
  • Verlag: Piper
  • ISBN: 978-3-492-30043-8
  • Taschenbuch  255 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Klappentext: 

Kindergärtnerin Anna Grammah bewältigt täglich den Spagat zwischen Kindern, Eltern und Mitarbeitern. Als motorische Leistungsträgerin ihrer Gruppe baut sie unter Achmeds strenger Aufsicht Laserschwerter, erduldet Lektionen in Sachen Verfeinerung, die literweise Rote-Bete-Saft in Kindergesichtern beinhalten, und Waldemar sorgt dafür, dass sie auch noch etwas lernt. Zum Beispiel, dass man in der Kirche nicht reden darf – sonst wird man gekreuzigt. Weiß sein großer Bruder, und der muss es ja wissen, schließlich ist er schon sieben.

Inhalt: 

Ohne auf gesellschaftliche Tabus zu achten, erzählt die Autorin aus ihrem Alltag als Erzieherin und bringt dem Leser so nicht nur die anstrengenden Aspekte nahe – welches Kind darf diesmal auf den Schoß, und wie bringen wir das Kind dazu, dass es sich mit mittlerweile vier auch mal selbst bewegt, ohne getragen zu werden -, sondern auch die schönen Seiten. Dabei gibt sie durch die Blume und quasi spielerisch im Erzählfluss Nachhilfe in Sachen Erziehung, die ich als Außenseiter jedem Elternteil ans Herz legen wollen würde.

Und sie macht mich als Leserin unglaublich neidisch. So eine schöne, befreite Kindergartenzeit hatte ich nicht. Ich hatte Freunde und Spaß und auch die Mehrzahl der Erzieher war tadellos, ohne Frage, aber was hier geleistet wird (sofern es nicht positiv überspitzt ist), klingt so schön und malerisch, dass ich auch wieder Kindergartenkind sein möchte.

So haben die Erzieher zum Beispiel für Fasching den ganzen Turmraum in eine Sandwüste mit Beduinenzelten verwandelt, und im Sand noch Schokoladen-Goldtaler vergraben. Wer hätte das denn als Kind (oder Erwachsener) nicht toll gefunden?

 

 

Fazit: 

Obwohl ich mit Kindern nicht wirklich etwas anfangen kann, hat mir das Buch viel Freude bereitet und an keiner Stelle gelangweilt. Und auch einen Mehrwert bringt es mit sich, lernt man hier doch, wie man zumindest auf keinen Fall mit Kindern umgehen sollte.

Und falls das meine Familie lesen sollte: Wenn ihr wollt, dass ich auf Familienfeiern auch Spaß habe, stellt mir einfach einen Sandkasten mit eingebuddelten Schokotalern hin. 😉

Top Ten Thursday 16. Februar 2017

 

Es ist wieder Donnerstag und so gibt es heute eine neue Aufgabe von Steffi aus der Buecherbloggeria. Heute geht es darum, die Top 10 der Bücher mit D zu präsentieren. Dabei zähle ich nur die dazu, deren erstes Wort NACH dem Artikel mit einem D beginnt.

Nonfiction

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  • Andrea Jolander | Da gehen doch nur Bekloppte hin | Sachbuch, nicht humoristisch. Eine Psychotherapeutin schreibt hier nicht etwa die skurrilsten Fälle auf, sondern hilft dem Leser, selbst ein wenig Seelenhygiene zu betreiben und besser abschätzen zu können: Bin ich normal? Wenn nein, habe ich einen ausreichenden Leidensdruck, damit eine Therapie auch sinnvoll wäre?
  • Dr. Josephine Chaos | Dann press doch selber, Frau Dokta | Humor, Sachbuch. Hier geht es tatsächlich um die lustigsten und emotionalsten Erlebnisse einer Gynäkologin im Krankenhaus. Genau wie die Fortsetzung unglaublich lustig und interessant erzählt.
  • Peter Wilhelm | Darf ich meine Oma selbst verbrennen? | Humor, Sachbuch. Peter Wilhelm ist Bestatter und nachdem er in zwei Bänden selbst aus den Erlebnissen seines Alltags berichtet hat, beantwortet er hier die Fragen, die ihm gestellt werden. Herrlich witzig, trotz des Themas.
  • Torsten Sträter | Der David ist dem Goliath sein Tod | Humor, Kabarett, Sachbuch. Torsten Sträter schreibt einfach wundervoll bizarre Texte, die sehr lesenswert sind. Manchmal etwas vulgär, aber doch immer lustig.
  • Dan Ariely | Denken hilft zwar, nützt aber nichts | Humor, Sachbuch. Dan Ariely ist Professor für Behavioral Economics erst am MIT in Boston und heute an der Duke University. In seinen Bestsellern schafft er es, die Ergebnisse seiner Studien auf humorvolle Weise einem breiten Publikum zu präsentieren. So sollten deutsche Wissenschaftler auch schreiben, aber leider gilt es in Deutschland noch als verpönt, Wissenschaft humorvoll darzustellen.

 

Fiction

 

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  • Monika Peetz | Die Dienstagsfrauen | humorvoller Frauenroman. Fünf Frauen, die sich seit Jahren kennen, gehen zusammen den Jakobsweg, weil der verstorbene Mann einer von ihnen davon geschwärmt hat. Dabei kommen einige Geheimnisse ans Tageslicht.
  • Lemony Snicket | Die dunkle Allee | düsteres Kinderbuch. Im sechsten Band der Reihe betrüblicher Ereignisse kommen die Baudelaire-Waisen in eine Allee, in der alles dunkel ist. Hier achten Erwachsene nur darauf, was gerade in ist und nicht auf ihre eigenen Wünsche und Vorlieben. Und natürlich sind sie auch vor Graf Olaf nicht sicher.
  • Lemony Snicket | Das düstere Dorf | düsteres Kinderbuch. Kaum der dunklen Allee entkommen, übernimmt ein ganzes Dorf die Vormundschaft über die Waisen. Doch hier herrschen strenge, sich oft widersprechende Regeln und es gibt nur eine Strafe: Den Tod. Und bald geschieht auch noch ein Mord und die Waisen sind verdächtig.
  • Tony Daniel | Devil’s Bargain | Star Trek, Sci-Fi. Ein Planet droht, von einem Asteroiden zerstört zu werden, doch die Bewohner sind genetisch an ihre Umwelt angepasst und würden sterben, würden sie ihre Heimat verlassen. Also schlägt Spock vor, die Horta zu bitten, den Asteroiden in kleine Teile zu ‚fressen‘. Der Preis: Er soll die Mutter Horta ersetzen und ihren Kindern ein Lehrer werden.

 

Und leider war es das schon. Ich habe nur 9 zusammenbekommen. Natürlich habe ich mehr Bücher mit D, aber teilweise einfach zu schlecht von mir bewertet, so dass ich sie nicht als Top 10 empfehlen wollen würde, und teilweise einfach noch nicht gelesen.

 

Und was sind eure liebsten Bücher mit D?

Sophie Seeberg – Der Maik-Tylor verträgt kein Bio

 

Wie man sehen kann, bin ich hier mal etwas Genauer an das Buch herangegangen. Der Grund ist ganz einfach der, dass ich die Autorin nun schon einige Jahre kenne und sehr gern habe. Ich habe das Buch kostenlos von ihr bekommen und wollte so über alle Zweifel erhaben sein, dass ich mich bei meinem Urteil davon beeinflussen lasse, dass ich die Autorin mag. Daher insgesamt 8 Post-Its.
Eigentlich wollte ich grün alles anmerken, was ich unglaublich gut finde, orange alle neutralen Anmerkungen markieren und rot/pink Dinge, die mir negativ aufgefallen sind. Pink blieb ungenutzt, dafür musste ich noch lange nach einer vierten Farbe suchen, um eine Stelle zu markieren, an der ich noch etwas Neues gelernt habe. Nicht nur einen Einblick in einen Beruf, sondern einfach einen harten Fakt, der im Gedächtnis bleibt und klugscheißer-geeignet ist.

Buchdetails

  • Erscheinungsdatum: Februar 2017
  • Verlag: Knaur Taschenbuch
  • ISBN: 978-3-426-78854-7
  • Taschenbuch  303 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Klappentext: 

Wo ist hier die versteckte Kamera?

Sophie Seeberg sucht auch nach zwanzig Berufsjahren als Familienpsychologin noch danach. Zum Beispiel, als die junge Mutter Jennifer strahlend erklärt, es ist gar nicht schlimm, wenn ihr das Jugendamt Töchterchen Samanta wegnimmt, sie hat ja mittlerweile einen Hund. Oder wenn Herr Obermeyer sich eine Selbstschussanlage in den Vorgarten baut, um den Ex-Mann seiner Ehefrau fernzuhalten.

Sophie Seeberg beschreibt, wie es in deutschen Familien wirklich zugeht.

 

Inhalt: 

Auch in ihrem dritten Buch beschreibt Sophie Seeberg Fälle, die sie in ihrer Tätigkeit als Gutachterin beim Familiengericht erlebt hat. Dabei versucht sie immer, die Lösung zu finden, die das Beste fürs Kind ist. Sie geht dabei aber durchaus selbstkritisch an die Aufgabe heran, was es recht erfrischend zu lesen macht. Wenig normative ‚So ist es‘-Botschaften an zu begutachtende Familien, wenn auch in diesem Buch doch einmal normative Sätze fallen. Nicht aber zu den Fällen, sondern an die Leser gerichtet. So finden sich hier Ratschläge und Bitten, wie man umgehen könnte, überhaupt erst ein Fall für das Familiengericht zu werden.

 

Leseeindruck: 

Hier muss ich mein Erleben beim Lesen mal als einen gesonderten Punkt darstellen, weil dieses Buch eine recht emotionale Reise war. Zunächst einmal sei vorangestellt, dass auch dies kein per se lustiges Buch ist. Das ‚reißerisch‘ wirkende Titelbild und der Name lassen für dein Käufer, der die Vorbände nicht kennt, diesen Eindruck entstehen, aber dem ist nicht so. Und das sollte es auch nicht sein. Zumindest finde ich besser, wie es jetzt, hier, auf Papier ist. Denn nur lustig zu sein, würde der Sache ihren Ernst nehmen und die Möglichkeit, Mitgefühl beim Lesen zu entfalten, begrenzen.

Es gibt lustige Stellen und gerade Sophie Seebergs Vorstellungskraft, ihr Kopfkino in manchen Situationen ist einfach nur auf niedliche Weise lustig. Aber das sind die wenigsten Stellen.

Aber gehen wir chronologisch zwei Momente durch, die ich mir markiert habe. Da gibt das Kapitel, in dem eine Mutter ihre Kinder eiskalt im Stich lässt, bei fremden Menschen in einer Kommune, und sich aus dem Staub macht. Und dennoch schreibt Seeberg, die dafür gesorgt hat, dass die Kinder in eine liebevolle Pflegefamilie kommen, dass ihr die Mutter leid tut. „Sie hat ihre Kinder verloren. Selbst verschuldet zwar und im Grunde ja sogar selbst gewählt. Aber ich glaube nicht, dass Joan Huber glücklich ist mit ihrem Leben.“ Diese drei Sätze wirken völlig unscheinbar, waren für mich dennoch aber etwas Besonderes. Denn hier sieht man, dass die Autorin nicht nur das Beste für die Kinder zu erreichen versucht, sondern auch Mitgefühl für die ‚Böse‘ in der Geschichte aufbringen kann. Etwas, wozu ich möglicherweise nicht die Größe gehabt hätte.

In einem anderen Kapitel habe ich heiße, beklemmende Wut gespürt. Nicht auf die Autorin, sondern auf eine ihrer Kolleginnen. Es hat mir den Hals zugeschnürt. Und dennoch … mochte ich das. Weil ich es mag, wenn ein Buch mich erreichen und berühren kann.

Das Buch war eine Achterbahnfahrt der Emotionen. Ich habe mehrfach geweint, einmal laut losgelacht, ich war wütend, verzweifelt, glücklich und traurig. Aber langweilig war mir nie.

Und es hat mir einen Ohrwurm verpasst, der mir zwei Tage im Ohr blieb und mir durch eine schwierige Situation geholfen hat.

 

Fazit: 

Eigentlich hatte ich diesem Buch vier Sterne geben wollen. Ich mochte es, glaubte aber kurz vor Ende, mich nicht in es verliebt zu haben. Das ist für mich der Maßstab für den fünften Stern, ich muss ein Buch lieben, heiß und innig.

Dann kam aber das letzte Kapitel und die entsprechende Ankündigung. „Das hier ist nun das letzte Kapitel.“ Und schon hatte ich Tränen in den Augen. Das passiert mir sonst nur bei Serienfinalfolgen. Und dann auch jedes Mal wieder, egal wie oft ich sie schaue. Aber auch hier hatte ich dieses bittersüße ‚Es ist vorbei und es wird nie wieder das erste Mal lesen geben‘-Gefühl und ich habe geweint. Geweint, weil ein Buch nicht zu Ende sein sollte. Und da war mir klar, dass ich es wohl doch liebe.

Ich möchte es jedem raten. Kann das aber nicht. Man sollte schon eine gewisse Toleranz für dramatische Situationen haben. Dies ist kein Feel-Good-Buch, sondern erfordert Empathie und auch, dass man auch das eigene Gefühlsleben erkunden möchte. Es ist mehr ein Drama als eine Komödie. Aber all den Menschen, die sich für die Thematik interessieren, auch den Magen haben, um zu ertragen, dass Kinder zuerst in unangenehmen Situationen sind, all denen, die gut unterhalten werden wollen, in jeder Richtung des Gefühlsspektrums, denen sei dieses Buch ans Herz gelegt.

 

Anmerkungen: 

Hier muss auch das noch sein, denn ein paar Dinge sind mir aufgefallen, die ich zwar nicht für bewertungsrelevant halte, aber doch mal sagen muss:

  • Vulkanier haben Gefühle, sie unterdrücken sie nur mal mehr mal weniger gut. Aber ich bin mir sehr sicher, dass die Autorin das auch weiß und es nur vereinfacht dargestellt hat, weil Nicht-Trekkies bei Vulkaniern immer dieses ‚Keine Gefühle‘ im Kopf haben. (Ja, auch daher das Star Trek-Kissen auf dem Titelbild.)
  • Ist es hier nur dichterische Freiheit, dass alle Kinder, denen geholfen wurde, am Ende Psychologe oder Familienrichter werden wollen? Es kommt etwas sehr häufig, das ist schon auffällig. Aber das würde mich nur interessieren. Vielleicht ist das ja wirklich so. Wie bei Kindern, die ein Familienmitglied haben sterben sehen, was sie durch Erste Hilfe hätten retten können, hinterher Ärzte werden wollen.
  • Danke. Ich habe hier um einen mir fremden Menschen geweint. Bis zu dem Moment habe ich geglaubt, dass ich so abgestumpft bin, dass mich Tode Fremder nicht mehr berühren können. Und dann wurde dieser fremde Mann erwähnt und ich hab mitleiden und weinen können.
  • Falls irgendjemand, irgendwann zu Nonfiction Fanfiction schreiben sollte und zufällig schreibt, wie Sophie Seeberg ein Gutachten bei der Addams Family schreiben soll, BITTE schickt mir eine Mail. Schon ab dem ersten Kapitel kam mir in den Sinn, dass ich das unbedingt einmal lesen möchte.

Jaddo – Blutige Anfänger

Buchdetails

  • Erscheinungsdatum: 10. August 2012
  • Verlag: Ullstein Taschenbuch
  • ISBN: 978-3548374666
  • Taschenbuch   224 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Klappentext: 

Wenn Chefärzte sich für den „schönen Tumor“ ihrer Patienten begeistern, Hypochonder die Kollegen von der Nachtschicht nerven und störrische Greise die Intensivstation aufmischen, schlägt die Stunde von Jaddo – Ärztin und Bloggerin aus Leidenschaft. Jaddos Texte sind witzig, schockierend und bewegend. Denn konfrontiert mit den Tücken eines oft absurden Klinikalltags, muss sie sich jeden Tag aufs Neue bewähren. Nicht nur als Ärztin, sondern auch als Mensch.

Inhalt: 

Bloggerin Jaddo erzählt Anekdoten und Gedanken aus ihrem Studium und ihrer Tätigkeit als Allgemeinmedizinerin. Dabei erfährt man aber selten wirklich etwas über die Fälle. Wenn sie davon redet, dass jemand mit unklarer Diagnose zu ihr kommt und sie mit dem Krankenhaus wegen Röntgen, etc. telefonieren muss, erfährt man am Ende nur, dass die Kommunikation mit dem Krankenhaus oder anderen behandelnden Ärzten nicht gut ist. Was der Patient hat, scheint für sie dabei nebensächlich zu sein. Dass der Leser ohne Antwort bleibt, ist ihr egal.

Generell geht sie ständig auf Unzulänglichkeiten ein, oft ihre eigenen. Was anfangs noch charmant ist, wird aber spätestens dann merkwürdig, wenn sie als Allgemeinmedizinerin zugibt, dass sie keine Ahnung von Antibiotika hat und Patienten eigentlich nur dann mag, wenn sie gesund sind.

 

Aufbau:

Jedem Kapitel vorangestellt ist ein Zitat, mal aus der Literatur, mal von Patienten oder Ärzten, das nie etwas mit dem Kapitel zu tun hat und nicht immer wirklich interessant, witzig, oder traurig ist.

 

Fazit: 

Obwohl der Schreibstil sehr leicht und schnell lesbar ist, fragt man sich schnell, wann denn mal etwas kommt, was wirklich interessant ist. Natürlich sind diese Einblicke in das Innenleben eines Arztes, die Erkenntnisse, dass Ärzte auch nur Menschen mit Fehlern sind, anfangs ganz nett, doch auf Dauer fehlt einem doch auch mal etwas Handlung. Witz, Humor oder wenigstens kuriose Fälle. Sicher wird doch auch eine Allgemeinmedizinerin so etwas haben? Nun, offenbar nicht. Oder aber Dr. Jaddo beschäftigen diese Fälle nicht. Sie schreibt sehr auf sich bezogen, oft anklagend, und schlussendlich nervt auch die Einstellung, die sie an den Tag lehnt. ‚Ich habe meine Fehler, kann sie mir eingestehen, aber letztendlich sind sie mir egal, auch wenn sie unprofessionell wirken.‘ Ärztin aus Leidenschaft, wie es im Klappentext steht, scheint sie jedenfalls nicht zu sein. Nur Ärztin, weil ihr nichts Besseres eingefallen ist.

 

Maxime Vallette u.a. – Scheißleben

 

Buchdetails

  • Erscheinungsdatum:  14. April 2009
  • Verlag: Goldmann
  • ISBN: 978-3442470648
  • Taschenbuch  256 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Klappentext: 

Humor ist, wenn man trotzdem lacht: Das Kultbuch aus Frankreich!

Im Januar 2008 startete ein Blog in Frankreich, der inzwischen bereits an die 200.000 Zugriffe täglich hat. Die Idee ist einfach: Statt sich über die kleinen (auch manchmal größeren) Ärgernisse des Alltags alleine zu ärgern, stellt man sie ins Internet und lacht oder leidet gemeinsam mit anderen über das SL – Scheißleben. Die komischsten und tragischsten Beiträge sind in diesem Buch versammelt.

Aufbau:

In verschiedene Kapitel sortiert, sind pro Seite mehrere Beiträge von Usern, die sich den Frust ihres Lebens oder über eine bestimmte Situation von der Seele schreiben wollten.

 

Fazit: 

Obwohl auch hier einige Beiträge sind, bei denen man sich fragt, wie Menschen nur so dumm oder so widerlich sein können, ist die Sammlung menschlicher Missgeschicke insgesamt sehr unterhaltsam und sorgt dafür, dass man das eigene Leben gleich etwas weniger schlimm findet, egal wie mies der eigene Tag auch gewesen sein mochte.

 

[Kurzrezension] Hans-Hermann Stolze – Sehr geehrtes Facebook

 

Ein ähnliches Prinzip wie bei ‚Ihr Schokohase hatte keine Eier‘ verbirgt sich hinter diesem Buch. Der Autor gab sich als Rentner H.-H. Stolze aus und schrieb auf der Schreibmaschine Briefe mit absurden Anfragen an Firmen und Behörden.

Dabei sind die schreibmaschinengefertigten und eingescannten Briefe schwer lesbar, da oft die Tinte nicht den ganzen Buchstaben benetzt hatte, ehe er aufs Papier gelangte. Und so amüsant manche Anfrage auch sein mag, sind die Antworten hier doch fast ausschließlich 0815 und nicht der Mühe, sie zu lesen, wert.